Derzeit sind 13 Familienpaten im Landkreis Regen aktiv

 - Erna Schmidt ist gerne im Familienbüro Koki. Dort findet sie in den hauptamtlichen Kräften Kathrin Binder (re.) und Elisabeth Mies Ansprechpartner die sie beraten. Foto: Langer/LandratsamtFamilienpaten entlasten Mütter und Väter

Regen. (lra) Anton* ist sechs Jahre alt. Wie alle Kinder geht er mal gern und manchmal nicht so gern zur Schule. Beim Lesen macht er große Fortschritte und wer den Buben sieht, der weiß nicht, dass für ihn vieles nicht normal ist. Der kleine Anton ist gesund, aber seine Eltern sind es nicht. Sowohl die Mutter als auch der Vater leiden an psychischen Erkrankungen, die Krankheit ist so schlimm, dass sie sich nicht um alle Belange ihres Kindes kümmern können. Die Eltern lieben ihren Sohn, können ihn aber nicht so versorgen, wie es gesunde Mütter und Väter machen. Sie sind manchmal schlichtweg überfordert. Doch allein mit ihren Problemen sind die Eltern und der kleine Anton nicht. Die Eltern werden vom „Betreuten Einzelwohnen“ unterstützt und die 51-jährige Erna Schmidt* holt ihn regelmäßig ab und kümmert sich um den Buben.

Erna ist als Familienpatin vom Familienbüro Koki im Einsatz. Ehrenamtlich kümmert sie sich um Anton und unterstützt die Eltern. Sie übernimmt auch Fahrten in die Kinder- und Jugendpsychiatrie nach Deggendorf. „Dort bekommt der Junge eine Therapie, er lernt mit seinen Verlustängsten umzugehen“, sagt Erna. Auch sie kennt die Sorgen des Kindes. Anton hat früh gelernt, dass seine Eltern krank sind. So will er auf der einen Seite Verantwortung übernehmen, sich für die Eltern stark machen, auf der anderen Seite hat der Junge einfach nur Angst, dass er seine Eltern verlieren könnte. Um mit diesem Konflikt umgehen zu können, wird er in Deggendorf behandelt. In der Regel bringt Erna den kleinen Anton dorthin, denn für die Eltern ist eine Fahrt in den Nachbarlandkreis ein Kraftakt.

„Die Eltern von Anton haben selbst große Probleme“, sagt Elisabeth Mies vom Familienbüro Koki. „Sie sind psychisch krank“, so die Sozialpädagogin Mies weiter. Damit das Kind auch gut versorgt ist, aber zugleich weiter bei den Eltern leben kann, wurde eine Familienpatin engagiert. „Die Familienpaten arbeiten ehrenamtlich und kümmern sich um Eltern, Mütter und Väter, die sich allein um ihre Kinder nicht kümmern können“, erklärt die Sozialpädagogin Kathrin Binder. Die Probleme der Eltern sind dabei unterschiedlich, nicht alle haben psychische Probleme. So finde man ein breites Spektrum in den unterstützten Familien vor. „Es gibt alleinerziehende Mütter, die arbeiten müssen, die niemanden haben, es gibt Mütter, die am Land leben und kein Auto haben, um nur zwei Beispiele für Familien zu nennen in denen Paten zum Einsatz kommen.“

Dabei sind die Sozialpädagoginnen vom Familienbüro Koki stets auf der Suche nach weiteren Familienpaten. „Leute wie Erna sind für uns ein Glücksfall“, sagt Elisabeth Mies und ihre Kollegin Kathrin Binder verweist darauf, „dass sich jederzeit Interessierte an das Familienbüro Koki wenden können.“ Die Aufgabe ist aber ein Ehrenamt, lediglich ein Spritgeld wird bezahlt. „Die Familienpaten sind aber als Beauftragte des Landkreises Regen haftpflicht- und unfallversichert.“

„Die schönste und beste Belohnung ist doch das Lachen eines Kindes“, sagt Erna. Als Hausfrau habe sie die Zeit sich um andere zu kümmern, zumal ihr eigener Nachwuchs längst erwachsen ist. Sie selbst wurde von ihrer Tochter auf das Patenamt aufmerksam gemacht. „Ich wollte immer ein Enkerl, aber meine Tochter meinte, dass dies noch dauern würde. Und nachdem ich scheinbar schon genervt habe, hat sie mich auf das Familienpatenprogramm hingewiesen“, berichtet Erna. Deswegen habe sie vor rund zweieinhalb Jahren im Familienbüro angefragt. Seitdem kümmert sie sich um Anton.

„Ich fahre ihn nicht nur zum Doktor, ich sorge auch dafür, dass Abwechslung in sein Leben kommt“, so die Familienpatin weiter. Erna geht mit dem Buben auf Spielplätze oder sie gehen wandern. Auch Fußballspielen steht auf dem Programm. „Die Hauptsache ist, dass er raus kommt.“ Den Eltern fallen solche Aktionen immer schwerer und so macht Anton daheim oft einfach das, wonach ihm ist. Gern sitzt er vor dem Fernseher, dank Erna lernt er auch ein anderes Familienleben kennen. „Den Eltern fehlt oft die Kraft. Sie sind krank und so können sie den Buben nicht immer so die Grenzen aufzeigen, wie es nötig wäre“, erklären Binder und Mies. Durch den engagierten Einsatz der Familienpatin könne Anton bei den Eltern, die er liebt und die auch ihn lieben, bleiben und sich dennoch normal entwickeln.

Der Landkreis Regen unterstützt die Arbeit so gut es geht. „Wir sind froh und dankbar, dass wir so engagierte ehrenamtliche Kräfte haben“, sagt Landrat Adam. Auch wenn man kein Honorar zahlen könne, so wolle man die Familienpaten nicht allein bei ihren Aufgaben lassen. „Wir beraten die Paten natürlich“, erklärt Elisabeth Mies. Zudem gibt es Fortbildungseinheiten, die die Paten auf ihre Aufgaben vorbereiten.

Die größte Bestätigung ist für Erna aber das Vertrauen, dass der kleine Anton ihr schenkt. So wird sie sich noch lange weiter engagieren, auch wenn sie im kommenden Jahr erstmals Oma wird, wird sie in Zukunft auch für Anton als Ersatzoma fungieren.

Hinweis:
In diesem Zusammenhang möchten wir nochmals auf die Ausstellung „Grenzen erleben“ hinweisen. Sie kann am Samstag und Sonntag, 23. und 24. November, jeweils um 10, 12.30 und 15 Uhr in der Volkshochschule Regen besucht werden. Zu diesen Zeiten werden Führungen angeboten. Während der Ausstellung bieten verschiedene Fachstellen Informationsstände an und machen so auf das Hilfsangebot im Landkreis Regen aufmerksam. Die Ausstellung richtet sich nicht an Betroffene von Psychischen Erkrankungen, sondern an deren Angehörige und Interessierte.

*die Namen wurden durch die Redaktion geändert um die Anonymität des Kindes zu wahren.

Meldung vom: 14.11.2013