Landrat Michael Adam hat heute an Staatsminister Helmut Brunner geschrieben

Künftige Strukturförderung für die Bayerwald-Landkreise

Sehr geehrter Herr Staatsminister Brunner, lieber Helmut,

ich wende mich heute aufgrund des bereits von der bayerischen Staatsregierung beschlossenen Nordbayern-Plans an Dich. Konkret möchte ich Dich bitten, dass Du dich gerade bei der Verteilung von Fördermitteln auch für die Bayerwald-Landkreise, speziell natürlich den Landkreis Regen, einsetzt. Denn ich habe den Eindruck, dass in München ein völlig falsches Bild von den wirtschaftlichen und demographischen Entwicklungen in Niederbayern vorherrscht, d.h. hier alle Teile des Regierungsbezirks über einen Kamm geschoren werden, obwohl nachweislich sehr große Unterschiede innerhalb Niederbayerns bestehen.

Ich war verwundert, dass die Bayerische Staatsregierung ganz Niederbayern zur „völlig problemlosen Zone“ (Zitat Ministerpräsident Seehofer) erklärt hat und dies auch in den Medien so kommunizierte. Denn es gibt – wie Du aus Deinem Heimatwahlkreis weißt – sehr unterschiedliche Regionen Niederbayern mit jeweils völlig unterschiedlichen wirtschaftlichen und demographischen Entwicklungen. So kann man sicherlich sagen, dass der Bayerische Wald, mit den Landkreisen Regen und Freyung-Grafenau sicherlich keine problemlose Zone ist. Nicht weniger gewundert hat mich, dass im sogenannten Nordbayern-Plan des Freistaates der Landkreis Regen keinerlei Rolle spielt. Auf Nachfragen von niederbayerischen Medien, ob denn auch Maßnahmen in Ostbayern geplant seien, erklärte Horst Seehofer, Ostbayern müsse noch etwas warten. Gleichzeitig – und dies hat mich geradezu schockiert – wurden dann von der Staatsregierung gegenüber den niederbayerischen Medien aber zahlreiche konkrete Projekte in Orten in Landkreisen Niederbayerns und Oberbayerns genannt, in denen durchwegs deutlich bessere wirtschaftliche und demographische Vorzeichen gegeben sind, als in den Bayerwald-Landkreisen. Ich frage mich: Wo bleibt hier der Bayerische Wald?

Die Probleme der Region müssten dabei eigentlich auch in München bekannt sein. Wir sind von hoher Abwanderung und einer enormen Pendlerquote von rund 30 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer, die im Landkreis wohnen, geplagt. Dem muss mittels weiterer Strukturförderungen dringend Einhalt geboten werden.

Ich bitte Dich, unseren Ministerpräsidenten Horst Seehofer an seine 2013 getroffenen Aussagen zu erinnern, in denen er klar eine weitere Aufwertung und Unterstützung für Ostbayern signalisierte. Er sprach beispielsweise von einem Infrastrukturschub für Ostbayern und von Behördenverlagerungen in den ländlichen Raum. Heute ist davon keine Rede mehr, heute wird nur noch über Verlagerungen nach Franken und in die Oberpfalz gesprochen. Auch halte ich es für unabdingbar, dass Behörden, wie bereits versprochen, speziell in die Bayerwald-Landkreise verlagert und so zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Und ich persönlich kann nicht nachvollziehen, dass vier große Behörden in Nordbayern angesiedelt werden sollen, zumal dort schon ein Ministerium beheimatet ist und Niederbayern wiederum leer ausgeht.

Ich fordere Unterstützung und Investitionen in die Infrastruktur, sowohl in Straße als auch Schiene. Eine gute Anbindung an das überörtliche Verkehrswegenetz ist zwingend überlebenswichtig. Dazu müssen Hauptverkehrsachsen ausgebaut werden, um auch im hart umkämpften Standortwettbewerb bei Investorenanfragen Schritt halten zu können. Nur so kann der ländliche Raum gestärkt werden. Dies ist ein sehr wichtiger Schritt, um auch dem prognostizierten Bevölkerungsrückgang, bis 2032 rund 8,3 Prozent, im Landkreis Regen entgegen zu wirken. Hier führt der Landkreis Regen als trauriger Spitzenreiter die Liste in ganz Niederbayern an. Ich zitiere mit Blick auf das Thema Infrastruktur aus dem Artikel „Bayern ist gut – im Durchschnitt – Unterschiede der Lebensumstände in Bayern“ aus der Passauer Neuen Presse vom 24. Juli 2013, in der eine einschlägige Studie des Augsburger Professors Hubert Job thematisiert wird: „Demnach sind nur wenige Regionen in Bayern so schlecht erschlossen, wie der Landkreis Regen.“ Auch was die Erreichbarkeit mit dem PKW angeht, zählt der Bayerische Wald gemäß der Studie zu den bayerischen Verliererregionen. Leider ist in diesem Zusammenhang nicht nur die Straßenanbindung an die ostbayerischen Zentren zu bemängeln, sondern auch die an Böhmen. Was nämlich die Anbindung des Landkreises Regen an die tschechische Republik angeht, so wurde die gesamte Region in den letzten Jahren zu Gunsten der Autobahnanbindung an die Großräume Prag und Pilsen von der Oberpfalz abgehängt. Hierzu wurde auch eine Resolution des Wirtschaftsforums Regen e.V. (rund 100 Unternehmen aus dem Landkreis) verfasst, die eine zügige Umsetzung von Straßenbauprojekten fordert. Der Kreistag schloss sich dieser Resolution an und ergänzte sich noch um bessere Zuganbindungen, da viele Pendler davon profitieren könnten.

Als weiteren wichtigen Punkt den Landkreis nach vorne zu bringen begrüße ich die Ansiedlung des Technologiecampus in Viechtach. Wir unterstützen deshalb den Vorstoß von Ihnen eine weitere Außenstelle der Technischen Hochschule Deggendorf im Landkreis Regen zu installieren. Wir sehen darin einen gerechten Ausgleich für die Nichtberücksichtigung des Landkreises im letzten Jahr bei der Kabinettssitzung in Passau, bei der der Landkreis Regen keine Berücksichtigung fand. Deshalb muss dieser Vorstoß realisiert werden und wir setzen alles daran diese Vorhaben unsererseits tatkräftig zu unterstützen. Auch seitens der Technischen Hochschule Deggendorf sieht man die Ansiedlung positiv.

In die gleiche Kerbe schlagen muss ich auch mit der wiederholten Förderung nach dem Erhalt der und der Weiterentwicklung der Berufsschule in Regen (mit Hotelberufschule Viechtach) sowie der Ausbau der Glasfachschule in Zwiesel zu einem Glaskompetenzzentrum. Der Schul- und Kulturausschuss sieht die Entwicklung der Berufsschullandschaft angesichts stetig sinkender Schülerzahlen mit großer Sorge. Neben der demographischen Entwicklung trägt für diese Tendenz auch der Freistaat Bayern eine Mitverantwortung, weil Minderklassen abgezogen und anderorts Schulsprengel zulasten des Landkreises Regen gebildet werden, die Schülerzahlen im Ausbildungsberuf Dialogmarketingkaufleute durch die Bildung weiterer Sprengel weit hinter den Erwartungen zurück bleiben und ferner die staatlichen Stellen nicht bereit sind, das Berufsbildungszentrum für Glas durch den Anschluss der Glaser zu einem echten Kompetenzzentrum zu entwickeln. Hier muss nochmals nachgebessert werden, da wir sonst noch weiter ausgeblutet werden. Dies nimmt uns jeglichen Anreiz junge Menschen in der Region zu halten, wenn die gewünschten Ausbildungsberufe vor Ort nicht mehr unterrichtet werden können und die Auszubildenden sehr weit pendeln müssen. Die Zahlen von Auszubildenden, für die keine Berufsschule vor Ort ist, sind rückläufig beziehungsweise es finden sich gar keine Auszubildenden mehr in diesen Berufsgruppen. Hier muss ein Umdenken von Seiten der Staatsregierung erfolgen, um den ländlichen Raum zu stärken und nicht noch zusätzlich zu schwächen.

Als letzten Punkt, der eine signifikante Rolle bei der Stärkung des ländlichen Raums spielt sind die regionalen Fördermittel für das Gewerbe und den Tourismus. Diese sind zweifelsohne von größter Bedeutung. Allerdings stellt sich die Situation seit 1. Juli 2014, durch die neue Förderkulisse, im Landkreis als problematisch dar, da der Landkreis in C und D-Fördergebiete aufgegliedert wurde. Dadurch haben wir unterschiedlich hohe Förderquoten in den Gemeinden. Gerade die Gemeinden, die verkehrsgünstig zur Autobahn liegen, und somit interessant für Investoren sind, sind aus dem C-Fördergebiet rausgefallen, was einen großen Wettbewerbsnachteil zur Folge hat. Wir sprechen hier von einem Förderunterschied von zehn Prozent! Die Staatsregierung könnte, in Form eines eigenen Programms, zum Ausgleich dieser Benachteiligung beitragen und somit gleiche Chancen innerhalb eines Landkreises wiederherstellen. Dies würde enorm bei der Ansiedlung und Schaffung von Arbeitsplätzen helfen. Darüber hinaus ist es für Unternehmer auch schwer nachzuvollziehen warum man bei einer Betriebserweiterung in der Gemeinde A höher Fördermittel erhält als in Gemeinde B. Der Unternehmer wird sich dann überlegen, ob er nicht seinen Betrieb vielleicht ganz verlagert um höhere Fördermittel zu bekommen und somit aber die schon benachteiligte Gemeinde noch schlechter stellt.

Aus den genannten Gründen möchte ich Dich bitten das vorherrschende Bild Niederbayerns in München zurechtzurücken und sich dafür einzusetzen, dass dem Bayerischen Wald Strukturfördermittel in gleicher Weise wie in Nordbayern gewährt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Adam

Landrat

Meldung vom: 08.08.2014