Öl kommt vor Wasser

 - Mit Pumpen wird das Öl-Wasser-Gemisch auch den Höfen gepumpt. Fotos: Langer/Landratsamt Regen

Öl-Spezialisten der Feuerwehr in Fischerdorf aktiv

Regen/Deggendorf. Es riecht nach Moder und Öl, im Hochwassergebiet in Fischerdorf und Natternberg/Siedlung geht das Wasser langsam zurück. Die Hauptverkehrswege sind mittlerweile gut befahrbar, an den Häusern und Fahrzeugen erkennt man den Wasserstand, den es vor wenigen Tagen noch mitten in der Ortschaft gab. Die Polizei kontrolliert die Zufahrten, passieren dürfen nur Anlieger und Einsatzkräfte. Unter den hunderten Helfern, die täglich die Kontrollen passieren, sind auch zwei Einsatzzüge der Feuerwehren aus dem Landkreis Regen. Die Ölspezialisten aus Teisnach und Zwiesel rücken täglich an.

„Wir pumpen täglich bis zu zehn Keller leer“, sagt Kreisbrandmeister Johann Achatz. Er befehligt – im Wechsel mit Kreisbrandmeister Josef Bauer – die Regener Einsatztruppe. Seit einigen Tagen sind sie in Fischerdorf aktiv, zuvor waren sie schon in Passau im Einsatz. Das Prozedere ist immer ähnlich. Die Frauen und Männer bekommen ein Einsatzgebiet zugewiesen, wissen, um welche Häuser sie sich kümmern müssen. So waren die Einsatzkräfte der Teisnacher Feuerwehr am Montagmorgen mit Abpumparbeiten an der Hauptstraße beschäftigt. Doch bevor die Feuerwehrleute loslegen können muss geprüft werden, ob eine direkte Gefahr ausgeht. „Viele Häuser haben beispielsweise eine Photovoltaikanlage auf dem Dach“, erklärt Achatz. Die Anlage könne sehr gefährlich sein, denn unter Umständen funktioniere die Grundfunktion noch. Die Anlagen würden mit Gleichstrom arbeiten und Gleichstrom erzeuge aus Wasser Wasserstoff und Sauerstoff, so müsste vor dem Beginn der Arbeiten erst einmal gemessen werden, ob Gasbelastungen vorliegen. Außerdem muss ein Fachmann dafür sorgen, dass die Anlage wirklich außer Betrieb ist. „Die Sicherheit der Helfer ist sehr wichtig“, betont der Kreisbrandmeister. Erst wenn klar ist, dass das Gebäude gefahrlos betreten werden kann, dann legen die Ölspezialisten los. „Öl kommt vor Wasser“, erklärt Achatz.

Die Männer versuchen zunächst die Heizöltanks leerzupumpen und das obenschwimmende Öl auf dem Wasser im Haus abzupumpen. Das Öl ist leichter als Wasser, deswegen schwimmt es obenauf. Wie schwer dies teilweise ist, zeigt sich vielerorts in Fischerdorf. So haben die Helfer beispielsweise bei einem Haus den Ölkeller zunächst nicht erreicht, der Eingang war durch einen Container versperrt, angeschwemmt vom mehrere hundert Meter entfernt liegenden Recyclinghof. „An solchen Beispielen sieht man welche Kraft das Wasser hat.“ Ein Kran muss den Container wegheben oder eine Gartenmauer muss weichen, erst dann können die Feuerwehrleute richtig loslegen. Inzwischen pumpen sie das Wasser-Öl-Gemisch, das sich im benachbarten Hof angesammelt hat, auf.

Ein paar hundert Meter weiter kämpfen die Männer der Feuerwehr Zwiesel. Sie stehen bei einem Wohnhaus in dem das Wasser immer noch bis zur Kellerdecke reicht. „Der Hausbesitzer hat das alles noch nicht gesehen“, sagt Kommandant Rudolf Eiter. Die Feuerwehrleute öffnen in solchen Fällen zunächst selbst die Haustüre und erst, wenn die Lage als Sicher eingestuft ist, dann können die Bewohner selbst ins Haus. Genau dieser Zustand beschreibt ein weiteres Problem, die Helfer sind nicht nur körperlich aktiv, sie bekommen das Leid der Menschen direkt zu spüren und müssen auch hier die Ruhe bewahren.

Die Einsatzkräfte pumpen das Ölwassergemisch aus den Kellern ab. Das Gemisch landet entweder direkt in einem Tankwagen oder in Containern. „Das Öl-Wassergemisch wird zum THW gebracht“, erklärt Kreisbrandmeister Achatz. Dort wird dann das Wasser vom Öl getrennt. Das Wasser wird über die Kanalisation entsorgt, das Öl, das immer noch einen kleinen Restwasseranteil hat, geht in eine Raffinerie zur Wiederaufbereitung. Bis zum Sonntag sind so schon über 60 Kubikmeter Heizöl an die Raffinerie geliefert worden.

In Fischerdorf und Natternberg sind momentan mehrere Feuerwehrspezialkräfte tätig. Neben den Kräften aus den Landkreisen Regen und Deggendorf sind hier auch Feuerwehren aus Nürnberg, Erlangen, aus dem Rottal und sogar aus Hessen vor Ort. Der Einsatz wird auch dadurch erschwert, dass das Grundwasser in vielen Teilbereichen immer noch so hoch steht, dass die Keller wieder volllaufen, deswegen liegt derzeit der Augenmerk auf Keller mit Ölheizungen. „Es werden noch Tage vergehen, bis alle Keller ausgepumpt sind“, weiß der Experte.

Im ganzen Ort sind die Auswirkungen des Wassers zu sehen. Die Straßen sind mittlerweile von Schlamm und Wasser weitgehend befreit. In den Gärten und Einfahrten zeichnet sich ein anderes Bild. Schlamm liegt auf allen Pflanzen, oftmals liegt ein feiner Ölfilm auf den Wasserresten. „Der Ölfilm hier ist so gering, dass wir kaum etwas machen können“, sagt Achatz. Von einer konkreten Umweltgefährdung gehe er aber nicht aus.

Die Einsatzkräfte aus dem Landkreis Regen werden voraussichtlich auch noch am Dienstag, 18. Juni, im Einsatz sein. Danach würde Achatz gern seinen Feuerwehrleuten eine Pause gönnen. „Sie sind seit Tagen im Einsatz und irgendwann geht auch dem Stärksten die Kraft aus“, argumentiert Achatz. Gänzlich zurückziehen werden sich auch die Feuerwehreinsatzkräfte aus dem Landkreis Regen nicht. „Hier in Deggendorf wird der Katastrophenfall noch einige Tage andauern, da ist es eine Ehrensache, dass wir unsere Nachbarn nicht in Stich lassen“, betont der Kreisbrandmeister.

Meldung vom: 20.01.2014