Der „Bach ohne Name“ ist ein Paradies für Flusskrebse

Behördenübergreifendes Projekt soll heimische Flusskrebse schützen

Um heimische Flusskrebse wie dieses Prachtstück geht es: Ein Edelkrebs aus dem Ginghartinger Bach. Foto: Martin Graf, Landratsamt Regen

Regen. An 157 Stellen in den Landkreisen Regen und Freyung-Grafenau hat das Büro für Gewässerökologie Blattfisch im letzten Jahr Flusskrebse kartiert. Nun wurden den auftraggebenden Behörden die Ergebnisse vorgestellt. Das Projekt entstand auf Initiative der unteren Naturschutzbehörde Regen und wurde gemeinsam mit der Regierung von Niederbayern, der Fischereifachberatung des Bezirks Niederbayern, der Landesanstalt für Umwelt und dem Wasserwirtschaftsamt Deggendorf entwickelt.

„An 137 Probepunkten haben wir keine Flusskrebse gefunden, an elf Probepunkten Steinkrebse, an fünf Probepunkten nicht heimische Signalkrebse und an vier Probepunkten Edelkrebse“, so Samuel Auer vom Büro Blattfisch. „Das hört sich auf dem ersten Blick sehr negativ an, wir haben jedoch eine außergewöhnlich große Steinkrebspopulation im Landkreis Regen gefunden sowie eine sehr gute Edelkrebspopulation in Freyung-Grafenau“, so Auer weiter. Ausgerechnet in einem Bach ohne Namen im Gemeindebereich Achslach wurden 710 Steinkrebse pro 100 Meter gezählt, laut Experteneinschätzung zumindest in Deutschland eine einzigartig große Population. Stein- und Edelkrebse sind aufgrund von Lebensraumverlusten und der Krebspest, aber auch wegen anderer meist durch den Menschen verursachten Stressfaktoren stark gefährdet. Ebenso spielt die Gewässerqualität eine Rolle.

Neben Landrat Dr. Ronny Raith (vorne, li.) und Umweltamtsleiter Uwe Behringer (vorne, Mitte) informierten sich beim Termin am Landratsamt Vertreter von Nationalpark, Landesanstalt für Umwelt, Fischereifachberatung, Bund Naturschutz, Wasserwirtschaftsamt und den unteren Naturschutzbehörden über das Projekt. Foto: Iris Gehard, Landratsamt Regen

Auch die großen Edelkrebs-Bestände in den Nebenbächen des Ginghartinger Baches im Landkreis Freyung-Grafenau sind eine kleine Sensation. Hier besteht allerdings eine akute Gefährdung durch einwandernde Signalkrebse. „Das insgesamt größte Problem für die heimischen Flusskrebse ist die Ausbreitung des Signalkrebses. Dieser ist Überträger der Krebspest, welche bei Stein- und Edelkrebs meistens zum Aussterben ganzer Populationen führt“, so Martin Graf von der unteren Naturschutzbehörde Regen. Der aus Nordamerika stammende Signalkrebs ist selbst immun gegen die Krebspest, kann sie aber übertragen. Zudem ist er wehrhaft und aggressiv, auch die Fortpflanzungsrate ist höher als etwa beim Edelkrebs. Der Signalkrebs ist durch Besatz in die heimischen Gewässer gelangt und mittlerweile lückig in ganz Bayern verbreitet. „Wenn wir jetzt nichts unternehmen, werden wir in zehn Jahren nicht mehr über Stein- und Edelkrebs sprechen, da es dann zu spät ist, ihnen noch zu helfen“, befürchtet Auer. Bekämpfungsmaßnahmen sind zwar nicht erfolgsversprechend. Um die heimischen Krebse langfristig zu erhalten, wurden aber potentielle Spenderpopulationen ausgewiesen und zudem auch potentielle Wiederansiedlungsgewässer. Damit Wiederansiedlungen erfolgreich sein können, muss jedoch sichergestellt werden, dass der Signalkrebs nicht in diese Gewässer einwandern kann. Dies könnte zum Beispiel durch sogenannte Krebssperren sichergestellt werden, also künstliche Barrieren, die an ausgewählten Stellen installiert werden. Da solche Maßnahmen aber der Wasserrahmenrichtlinie wiedersprechen können, die durchgängige Gewässer ohne Verbauungen fordert, ist ein enger Austausch zwischen den Fachbehörden unerlässlich. „Es ist wichtig, dass wir uns absprechen und Lösungen für den Erhalt seltener heimischer Arten finden“, so Landrat Dr. Ronny Raith, der die Präsentation der Experten aufmerksam verfolgte. „Ich bin sehr froh, dass die untere Naturschutzbehörde und ihre Projektpartner bereits bei der Planung sind, um die Krebse nachhaltig zu schützen.“

Nach der Präsentation am Landratsamt sollen nun noch Veranstaltungen für die Fischereiberechtigten folgen, um sie über die Ergebnisse zu informieren. Auch eine Ausweitung des Projektes auf ganz Niederbayern steht derzeit im Raum. Ob in diesem Zuge auch der Achslacher Bach ohne Namen in Krebsbach umbenannt werden soll, steht noch nicht fest.

Meldung vom: 27.02.2024