Besuch der Aller.Land-Jury

Gruppenbild im Bild-Werk Frauenau: Die Aller.Land-Jury und die Projektpartner um Regens Landrat Dr. Ronny Raith (2.v.li.) und Kollnburgs Bürgermeister Herbert Preuß (8.v.li.). Foto: Heiko Langer / Landratsamt Regen

Demokratie unplugged – Kunst für alle: Aller.Land-Projekt soll Kunst und Demokratie verbinden

Gruppenbild im Bild-Werk Frauenau: Die Aller.Land-Jury und die Projektpartner um Regens Landrat Dr. Ronny Raith (2.v.li.) und Kollnburgs Bürgermeister Herbert Preuß (8.v.li.). Foto: Heiko Langer / Landratsamt Regen

Gruppenbild im Bildwerk Frauenau: Die Aller.Land-Jury und die Begleiter um Regens Landrat Dr. Ronny Raith (2.v.li.) und Kollnburgs Bürgermeister Herbert Preuß (8.v.li.). Foto: Heiko Langer / Landratsamt Regen

Kollnburg. „Wir müssen den Zeitplan genau einhalten“, mahnte Tobias Wittenzellner, Leiter der Kreisentwicklung am Landratsamt, bereits vor dem Termin mit der Aller.Land-Jury und der Besuch zeigte, dass er Recht behalten sollte. Die Jury traf pünktlich im Schiesslhaus AiR (Künstlerhaus mit Artist in Residence-Programm) in Kollnburg ein und reiste ebenso pünktlich nach drei Stunden aus Frauenau wieder ab. Dazwischen informierten sich die Jurymitglieder Hortensia Völckers (Juryleitung), Dr. Michael Ermrich und Maximilian Geierhos über das Konzept und die Umsetzungsplanung des Projekts.

Der Landkreis Regen hat sich als Projektträger mit „Demokratie unplugged – Kunst für alle“ um eine Förderung durch das Bundesprogramm Aller.Land beworben. Träger in der Entwicklungsphase war die Gemeinde Kollnburg, in der nun avisierten Umsetzungsphase übernimmt der Landkreis die Trägerschaft. Netzwerkpartner sind das Künstlerhaus Schiesslhaus AiR sowie der Verein Bild-Werk Frauenau. Die Koordinierungsstelle wäre ein Teil der Kreisentwicklung des Landkreises Regen. Rund 1,5 Millionen Euro könnten bei einem Zuschlag in die Region fließen. Die Förderung beträgt 90 Prozent, die fehlenden zehn Prozent würden aus Landesmitteln kofinanziert, so dass weder dem Landkreis noch den Kommunen weitere Kosten entstehen.

Kultur im Schiesslhaus

Inti Gallardo (2.v.re.) und Britta Wahlers (re.) gaben im Schiesslhaus AiR mit den Schülerinnen (v.li.) Anna Schmelmer, Pauline Mandl, Johanna Becher und Emilie Mayer einen Einblick in die praktische Arbeit während der Erprobungsphase des Projekts. Foto: Heiko Langer / Landratsamt Regen

Inti Gallardo (2.v.re.) und Britta Wahlers (re.) gaben mit den Schülerinnen Johanna Becher, Pauline Mandl, Emilie Mayer und Anna Schmelmer einen Einblick in die praktische Arbeit. Foto: Heiko Langer / Landratsamt Regen

Startpunkt des Jurybesuches war das Schiesslhaus in Kollnburg, eines der ältesten Gebäude in der Gemeinde, das im Jahr 2018 aufwendig saniert wurde. In dem Haus, das 2023 für den beispielhaften Erhalt des baukulturellen Erbes und die kulturelle Nutzung des Baudenkmals mit dem Staatspreis für Dorferneuerung und Baukultur ausgezeichnet wurde, finden bereits seit 2022 internationale Künstlerresidenzprogramme mit öffentlichem Bildungs- und Vermittlungsprogramm statt. „Das Haus ist ein Mehrwert für die Gemeinde“, sagt Bürgermeister Herbert Preuß. Auf diesen Erfahrungen der ersten Projekte könne man gut aufbauen, hofft der Rathauschef. Mit dem Bild-Werk Frauenau kommt ein weiterer erfahrener Netzwerkpartner hinzu. „Wir engagieren uns seit 37 Jahren für Glas, Kunst und Kultur“, betont dessen Geschäftsführerin Sarah Höchstetter und Anna-Helena Klumpen sowie Katrin Savvulidi, die Leiterinnen des Schiesslhaus AiR, ergänzen: „Das Bild-Werk und das Schiesslhaus AiR ergänzen sich, wir passen sehr gut zusammen.“

Kooperation zweier Kultureinrichtungen

Davon sollte sich die Jury vor Ort überzeugen. Begrüßt wurden die Juroren auch von Regens Landrat Dr. Ronny Raith. Als Landrat des Landkreises Regen freue es ihn besonders, wenn mit Frauenau und Kollnburg zwei eigentlich weit entfernte Kommunen zueinander finden. Savvulidi und Klumpen berichteten im Schiesslhaus über die bisherige Arbeit. Dabei wurden sie von der argentinischen Künstlerin Inti Gallardo unterstützt. Sie erklärten, dass während der Erprobungsphase neben Gallardo drei weitere Künstlerinnen im Schiesslhaus AiR und im Bild-Werk Frauenau gelebt und gearbeitet und künstlerische Projekte mit Kindern und Jugendlichen umgesetzt hätten. Dabei kooperierten sie mit den Gymnasien in Viechtach und Zwiesel sowie den Sonderpädagogischen Förderzentren Regen und Viechtach.  Zusammen mit Britta Wahlers (Kunstlehrerin am Dominicus-von-Linprun-Gymnasium Viechtach) und den Schülerinnen Johanna Becher, Pauline Mandl, Emilie Mayer und Anna Schmelmer zeigte sie, wie Schüler und Künstler zusammenarbeiten und wie diese Arbeit auch auf demokratische Prozesse einwirken kann. Thema der Kooperation waren Flechten und wie die Natur die Kunst beeinflussen kann. Flechten könnten auch ein Beispiel für politische Zusammenhänge sein, war ein Argument, das im Projekt erarbeitet wurde. Die Schülerinnen zeigten mit einem Overheadprojektor, wie an einer weißen Wand Stück für Stück ein Kunstwerk entsteht. Sie erklärten die Zusammenhänge, die sie sehen. Wenn Pflanzen sich vernetzen oder verflechten können, dann sollten dies die Menschen in demokratischen Prozessen auch können, so das Fazit der Jugendlichen.

Besuch des Bild-Werkes

Anschließend ging es für Jury und Projektpartner mit dem Bus weiter nach Frauenau. Dort konnten die Räume des Bild-Werk Frauenau besichtigt und ein Eindruck von den vielfältigen Betätigungsfeldern des Vereins vermittelt werden. „Das Bild-Werk ist ein kultureller und künstlerischer Begegnungsort, an dem neben dem Kulturerbe Glas der Austausch zwischen Generationen, sozialen Gruppen und über Grenzen hinweg im Mittelpunkt steht“, erklärte Höchstetter und führte die Gäste durch das denkmalgeschützte Gebäude, das zum Areal der ehemaligen Kristallglasfabrik Isidor Gistl gehört. „Hier finden von Frühjahr bis Herbst die Kurse unserer Sommerakademie für Glas und Kunst, weitere Bildungsangebote und Veranstaltungen statt“, berichtete sie. Für die Künstleraufenthalte im Rahmen von „Demokratie unplugged“ solle nun darüber hinaus die ehemalige Villa des Glashüttenbesitzers Gistl, die bis zu deren Tod 2022 vom Künstlerehepaar Gretel und Erwin Eisch bewohnt wurde, wiederbelebt werden.

Neues Leben in der Künstlervilla

In der Villa des verstorbenen Künstlerehepaares Eisch in Frauenau fand die Abschlussbesprechung statt. Foto: Heiko Langer / Landratsamt Regen

In der Gistlvilla in Frauenau fand die Abschlussbesprechung statt. Foto: Heiko Langer / Landratsamt Regen

In der Villa fand deshalb auch die abschließende Fragerunde der Jury statt. Wittenzellner und die für das Projekt Mitverantwortlichen, darunter neben den Kuratorinnen Savvulidi, Klumpen und Höchstetter auch Kulturbeauftragter Roland Pongratz und Heimatentwicklerin Lisa Späthe, erklärten, dass durch die umfassende Einbindung und Beteiligung möglichst vieler Menschen, wie den Künstlern und der einheimischen Bevölkerung, auch wichtige Räume und Möglichkeiten für Begegnungen und Dialoge geschaffen werden sollen. „Wir sind ein extrem ländlicher Raum“, sagte Späthe und es habe sich schon jetzt gezeigt, dass das Projekt helfen könne, „Brücken zwischen den manchmal unüberwindbar scheinenden ländlichen Weiten zu bauen.“ Wittenzellner zeigte auf, dass die Kreisentwicklung des Landkreises hier bei der Koordinierung helfen will. So plane man eine 75-prozent Stelle, nicht wie mindestens gefordert eine Halbtagsstelle. Zudem sei die Vernetzung, durch Leitungsstellen im Schiesslhaus AiR und im Bild-Werk, gegeben. Die Strukturen seien so angelegt, dass das Projekt auch nach einer Förderperiode von fünf Jahren zukunftsfähig ist, ist sich Wittenzellner sicher. „Wir wollen ein stabiles Netzwerk aufbauen, sodass wir langfristig arbeiten und mit dem Aller.Land Projekt Kultur, Beteiligung und Demokratie im Landkreis fördern können“, betonte er. In Kollnburg und Frauenau heißt es nun geduldig warten, denn die Entscheidungen der Jury sollen erst im Frühsommer bekannt gegeben werden.

Hintergrund: Aller.Land

Mit Aller.Land hat die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gemeinsam mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) ein ressortübergreifendes Programm zur Förderung von Kultur, Beteiligung und Demokratie in ländlichen, insbesondere strukturschwachen Regionen gestartet. 96 Regionen wurden für die Entwicklungsphase benannt, um tragfähige Konzepte für beteiligungsorientierte Kulturvorhaben zu entwickeln, eine davon ist der Bayerische Wald mit dem Projekt im Landkreis Regen. Das Programm sieht eine fünfjährige Umsetzungsphase in den Jahren 2025 bis 2030 vor.

Die Jury

Vor Ort waren Hortensia Völckers, die ehemalige künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes, Maximilian Geierhos, der ehemalige Leiter der Bayerischen Verwaltung für Ländliche Entwicklung im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Dr. Michael Ermrich, Landrat a.D. des Landkreises Harz und ehemaliger geschäftsführender Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes.

Meldung vom: 26.02.2025