Delegation aus dem Landkreis Regen zu Gast im Partnerlandkreis Hildesheim

 - In Hildesheim wurde die Gruppe von der stellvertr. Bürgermeisterin Renate König (1. Reihe 5.v.re.) begrüßt. Ingrid Mellin (re.) hatte das Besuchsprogramm zusammengestellt.

Von Kreisrat Edgar Stecher  

Regen/Hildesheim. Es war der ideale Zeitpunkt für einen Besuch aus dem Regener Landkreis bei den Freunden in Hildesheim: Frühlingstage zum Genießen in Niedersachsen, keinerlei Wahlen oder drohende schwierige Debatten in naher Zukunft in der Heimat und ein mit 48 Punkten soeben beschlossener Kreishaushalt. Landrat Adam strahlte, vor allem bei seinen mehrmaligen Hinweisen auf die 55,8 Prozentpunkte, die der Kreis Hildesheim seinen 19 Gemeinden „abknöpfte“. Freilich, die Finanzierungsform ist in Niedersachen ein wenig anders, aber immerhin. Diese allgemeine Zufriedenheit strahlte auf die gesamte Reisegruppe aus, die fast das Spiegelbild des bunten Partei-engremiums im Kreistag war: schwarz (CSU), rot (SPD) grün (die Grünen), gelb (FDP), orange (GFW) und die IG Frauen waren vertreten, dazu neben dem Landrat die weitere politische Spitze mit Vize Willi Killinger und dem weiteren Stellvertreter Erich Muhr, sowie die Verwaltung mit Geschäftsführer Anton Weghofer, Kreiskämmerer Franz Baierl und dem Chef der Kreisentwicklungsgeselltschaft ARBERLAND REGio Herbert Unnasch. Auch wenn das „Schachtenbier“ aus Zwiesel mehr ein Gastgeschenk der Kreisrätin Elisabeth Pfeffer an die Hildesheimer war, probieren durften es auch die Mitfahrer. Der Landkreis Hildesheim ist zwar flächenmäßig nur eineinhalbmal so groß, doch er beherbergt das 3,5 fache an Einwohnern, nämlich zusammen mit der Großen Kreisstadt Hildesheim (100 000 Einwohner) 280 000 Bewohner.

Ingrid Mellin, die Leiterin der Kommunalaufsicht, hatte ein sehr abwechslungsreiches Programm zusammengestellt, konzentriert auf den dicht besiedelten Südwesten des Kreisgebietes. Im Rathaus von Hildesheim begrüßte die stellvertretende Bürgermeisterin Renate König bei einem kleinen Stehempfang die Gäste aus Bayern und stellte kurz ihre Stadt vor. Im März 1945 wurde Hildesheim zu 90 Prozent von den Bombern der Alliierten zerstört, so dass man nur noch einen ziemlich kleinen, aber dafür besonders geglückt renovierten Stadtkern vorzeigen kann. Dies übernahm Gerda Schultze-Tostmann als Stadtführerin. Aus den allesamt sehenswerten Fachwerkgebäuden ragen zweifellos die Gildehäuser der Bäcker und „Knochenhauer“ heraus, heute Amtshaus mit Stadtmuseum. Hier am Marktplatz trifft sich nicht nur baulich Historie mit Moderne, sondern in den einladenden Wirtsstuben und an den zahlreichen Tischen und Stühlen im Freien sieht man alle Altersgruppen vertreten.

Dass Hildesheim ein sehr altes Bistum ist, wissen viele Bayerwäldler besonders gut. Schließlich war vor 1000 Jahren der frühere Abt Godehard aus Niederaltaich, in Reichersdorf bei Hengersberg geboren, einer der bedeutenden Bischöfe von Hildesheim, und auch der erste Bayer, der in Rom heiliggesprochen wurde. Weitere besuchte Gebäude waren die gotische Kirche Sankt Andreas mit dem höchsten Kirchturm (114 Metern) Niedersachsens, der Mariendom mit dem 1000-jährigen Rosenstock und dem Sarkophag des Heiligen Godehard sowie die frühromanische Sankt Michaelis Kirche, wie der Dom zum UNESCO Welterbe gehörend. Bistum und Stadt feiern übrigens heuer gemeinsam ihre 1200-jährige Geschichte.

Beim Abendessen traf man sich erstmals auch mit weiteren Persönlichkeiten aus der Politik und der Wirtschaft. Dabei gab es viel Zeit für zahlreiche Gespräche über aktuelle gesellschaftliche Probleme. Landrat Reiner Wegner, fast ständig mit der Regener Gruppe unterwegs, kümmerte sich rührend um die Waidler. Kein Wunder, war er ja auch oft zum Pichelsteinerfest in Regen und kannte so durchaus schon einige Besucher. Für Unterhaltung sorgten musikalische Künstler aus dem Niedersächsischen Landestheater Hildesheim mit Liedgut aus verschiedenen Musicals. Gemeinsam sang man auch kräftig das Niedersachsenlied sowie die Bayernhymne. Für die Neuen unter den Waidlern erweckte der dargereichte Kräuterschnaps aus der Gegend, der Lockstedter (Beiname: Stacheldraht), bisher nie gekannte Geschmacksrichtungen.

Zeitig am anderen Morgen begann man mit der Besichtigungstour. Es ging zur Fachhochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK), einer der drei Hochschulen der Stadt mit immerhin etwa 10000 Studenten. In der HAWK sind Theorie und Praxis gleich bedeutend, und den jungen Leuten bieten sich dort zahlreiche Fachrichtungen an, wo sie einen Bachelor- oder Masterabschluss erreichen können. Nächste Station war das „Neuschwanstein des Nordens“, das Schloss Marienburg nahe der Gemeinde Nordstemmen, ähnlich herrlich gelegen und architektonisch vergleichbar errichtet. Mitte des 19. Jahrhunderts ließ der letzte Hannoveraner König Georg V. diese Sommerresidenz zu Ehren des 39. Geburtstages seiner Frau Marie errichten. Der blinde Herrscher verstarb sehr bald, seine Witwe zog nach dem Deutschen Krieg 1866 ins Exil nach Wien. Nach dem Zweiten Weltkrieg erwarben die Nachfolger des uralten Herrschergeschlechts der Welfen den Besitz, der heute dem Erbprinz Ernst August von Hannover gehört. Im Schlossrestaurant gab es anschließend eine herzhafte Kartoffelsuppe.

Gestärkt fuhr man weiter nach Alfeld an der Leine, wo man von Bürgermeister Bernd Beushausen begrüßt wurde. Hier steht ein einzigartiges UNESCO-Welterbe, das Fagus-Werk, ein lebendes Denkmal zwischen Architektur und Produktion. Fagus ist das lateinische Wort für Buche, aus der man jahrzehntelang Schuhleisten für bedeutende Schuhmanufakturen in allen Größen, Formen und Moderichtungen herstellte. Für den Bau seiner Fabrik heuerte der Firmengründer im Jahre 1911 den jungen Architekten Walter Gropius an, der dieses weltweit als „Ursprungsbau der Moderne“ geltende Werk aus Glas und Stahl konzipierte. Gropius, der Gründer des Bauhauses in Weimar und Dessau, gilt heute noch als einer der bedeutendsten Architekten der Vergangenheit. Bis auf kleinere Modernisierungen, eng abgestimmt mit dem Denkmalschutz, wird im Fagus-Werk heute noch produziert, die Schuhleisten freilich fast ausschließlich aus Kunststoff. Auch holzverarbeitende Betriebe aus unserer Region arbeiten eng mit diesem Werk zusammen.

Weiter ging´s nach Salzdetfurth, einem Soleheilbad mit etwa 150000 Gästen pro Jahr. Eine Parkanlage um das Gradierwerk herum ließ die Gäste aus dem Bayerischen Wald richtig durchschnaufen, denn bekanntlich helfen Solebäder besonders bei Bronchialleiden. Während der Kaffeepause wurden die Einrichtungen der Heilbadeanlage erklärt.

Schon etwas müde fuhr man zurück zum Hotel, denn noch wartete ein weiteres Highlight auf die Besuchergruppe. In der Samtgemeinde Lamspringe begrüßte Bürgermeister Wolfgang Pletz im Sitzungszimmer seines Luftkurortes die Gäste aus Regen, und mit ihnen eine ganze Reihe von weiteren Bürgermeistern und geladenen Gästen. Sitzungszimmer? Es ist das Refektorium (Speisezimmer) des ehemaligen Klosters, ein prunkvoller Saal mit Gobelins, in dem die Räte tagen, in dem aber auch zweckmäßigerweise viele andere Veranstaltungen kultureller Art stattfinden. Dem äußeren Umfang nach scheint es ein sehr mächtiges Kloster gewesen zu sein, das bereits im neunten Jahrhundert gegründet worden war. Nachweislich bewirtschafteten im 13. Jahrhundert 180 Nonnen das damals 210 Hektar große Gelände und zogen aus 17 Dörfern den Zehent ein. Eine sehr bewegte Geschichte mit Kriegen und Zerstörungen folgte, ehe im 17. Jahrhundert englische Benediktinermönche die verwahrloste Klosteranlage übernahmen. Eine herrliche Barockkirche, größer als der Dom zu Hildesheim, wurde errichtet und es entwickelte sich das reichste Kloster des Bistums Hildesheim. Freilich, nach dem Reichsdeputationshauptschluss und der Säkularisation fiel die gesamte Anlage an das Königreich Preußen. Immerhin dient das Kloster heute noch der Gemeindebevölkerung als kulturelles Zentrum und aus dem Klostergarten wurde ein 5,5 Hektar großer Bürgerpark.

Das Abendessen für die etwa 60 Gäste wurde musikalisch von einer Harmonikaspielerin umrahmt, zu der sich freilich bald einige Musikanten aus dem Regener Landkreis gesellten, die schon vorausschauend Instrumente mitgenommen hatten. So wurde es ein richtiger, zünftiger Abschlussabend mit starkem waidlerischen und volkstümlichen Einschlag, einer längeren Verabschiedung und dem gegenseitigen Versprechen, beim nächsten regulären Treffen, voraussichtlich im Januar 2016 im Landkreis Regen, genauso aufgeschlossen und wissbegierig sowie freundschaftlich miteinander umzugehen. Ausdauernd waren auch die Schafkopffreunde: Insgesamt 17 Stunden lang, Hin- und Rückfahrt zusammengerechnet, wurden Solos gespeilt oder mit einer „Sau“, und Kontras gab es durchaus auch innerhalb der gleichen Partei!

Die Gruppe um Landrat Michael Adam (1. Reihe 6.v.re.) wurde meist auch vom Hildesheimer Landrat Reiner Wegner (1. Reihe, 4.v.re.) begleitet. In Hildesheim wurden sie von der stellvertretende Bürgermeisterin Renate König (1. Reihe 5.v.re.) begrüßt. Ingrid Mellin (re.) hatte das Besuchsprogramm zusammengestellt.

Meldung vom: 30.04.2015