Demokratie, Pflegefamiliensuche und Digitalisierung im Fokus

Scheidende Landrätin führt routiniert durch straffes Programm der Bürgermeisterdienstbesprechung

Zu ihrer letzten Bürgermeisterdienstbesprechung hatte Landrätin Rita Röhrl (2.v.li.) auch ihren Nachfolger Dr. Ronny Raith (4.v.li.) mitgenommen. Für den ersten Tagesordnungspunkt übergab sie das Wort an die Referentinnen Sigrid Kick und Kathrin Götz (5. u. 6.v.li.), die über das Programm „Demokratie leben!“ sprachen. Foto: Iris Gehard / Landratsamt Regen

Teisnach. Bei der Bürgermeisterdienstbesprechung, zu der die scheidende Landrätin Rita Röhrl an den Campus in Teisnach geladen hatte, wurde der aktuelle Stand beim Projekt „Demokratie leben!“, die Suche nach Pflegeeltern, der digitale Bauantrag sowie die interkommunale Zusammenarbeit bei der Verwaltungsdigitalisierung thematisiert.

„Ich darf euch ganz herzlich begrüßen bei meiner letzten Bürgermeisterdienstversammlung. Aber die letzte soll auch eine erste sein und deshalb habe ich heute auch den zukünftigen Landrat Dr. Ronny Raith dabei“, erklärte Röhrl zu Beginn. So könne Raith schon einmal „Bürgermeisterdienstluft schnuppern“. Wie immer habe man ein straffes Programm und es gehe darum, die Bürgermeister gut über die Geschehnisse im Landkreis zu informieren. Entsprechend gab Röhrl zügig einen Überblick über die Tagesordnungspunkte und übergab für den ersten Punkt gleich das Wort an Kommunale Jugendpflegerin Kathrin Götz und Sigrid Kick von der Koordinierungs- und Fachstelle „Demokratie leben!“, die den Zwischenbericht zu „Demokratie leben!“ im Landkreis präsentierten.

„Demokratie leben!“-Projekte im Landkreis

Ziel des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ ist es, Menschen zu unterstützen, die die demokratische Kultur vor Ort leben und sie gestalten. Entsprechend wird zivilgesellschaftliches Engagement gefördert, der Einsatz für ein vielfältiges und demokratisches Miteinander und die Arbeit gegen Radikalisierungen und Polarisierungen in der Gesellschaft. „Demokratie leben!“ im Landkreis bestehe aus der Koordinierungs- und Fachstelle, die dem Kreisjugendring überstellt sei und von dort aus für das Bundesprogramm arbeite, erklärte Kreisjungendpflegerin Götz die Struktur. Das federführende Amt liege bei Götz in der kommunalen Jugendarbeit, zudem gebe es noch einen Begleitausschuss und die Projektträger. „Das Ganze ergibt die sogenannte Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Regen“, erläuterte Götz. Da es sich um ein Bundesprogramm handele, arbeite man mit Bundesmitteln und habe damit 2023 30 Projekte realisieren können. Das sind fast doppelt so viele wie im Jahr davor. „Im nächsten Jahr planen wir 40 Projekte, in dieser Zahl sind auch die Projekte des Jugendforums mit eingeplant“, so die Kommunale Jugendpflegerin. Für die Jugendlichen gäbe es einen speziellen Jugendfonds, sie könnten so noch leichter an Projekte und Projektanträge herankommen als Vereine und Verbände. Sie rief die Bürgermeister dazu auf, in die Gemeinden zu tragen, dass die Partnerschaft für Demokratie bereitstünde, Projekte zu unterstützen.

Wie solche Projekte aussehen können, zeigte im Anschluss Sigrid Kick von der Koordinierungs- und Fachstelle in einem Rückblick auf die Projekte des Jahres 2023. Es habe beim Kreisjugendring sechs Projekte gegeben, bei Vereinen sieben, an den Schulen elf und über das Jugendforum sechs weitere, so Kick. Sie ging anschließend auf die Demokratiekonferenz ein, ein Projekt, das die Partnerschaft für Demokratie selbst geplant hatte und bei dem Autor Dr. Franz X. Keilhofer aus seiner Biografie des NS-Verbrechers und ehemaligen NSDAP-Kreisleiters Regen-Grafenau Josef Glück gelesen hatte. „Im Anschluss daran war eine Projektbörse, an der Projektnetzwerkpartner und erstmalig auch interessierte Bürgerinnen und Bürger teilnehmen konnten. Hier gab es viel Zulauf, es waren rund 50 Leute da“, freute sich Kick. Ein weiteres Projekt sei das Jugend- und Demokratiefest Speak up! in Viechtach gewesen sowie das „Small Town Pride Affair“-Event in Zwiesel, das vom Jugendforum organisiert worden sei und bei dem sich viele Jugendliche über queer Sein im Landkreis ausgetauscht hätten. Auch das Sommerfest im Bodenmais sei gefördert worden. Für 2024 seien unter anderem das Speak up! und die Demokratiekonferenz wieder geplant. Auch die Internationalen Wochen gegen Rassismus würden im März unter dem Motto „Menschenrechte für alle“ stattfinden.

Heike Meents vom Pflegekinderdienst und Jugendamtsleiter Martin Hackl (vorne, 2. u. 1.v.re.) dankten den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern für ihre Unterstützung bei der Suche nach Pflegefamilien. Über den Erfolg der Aktion „Kinder brauchen (Pflege-)Eltern“ freuten sich auch die scheidende Landrätin Rita Röhrl (vorne Mitte) und ihr Nachfolger Dr. Ronny Raith (vorne, 1.v.li.). Foto: Iris Gehard / Landratsamt Regen

Dank für Aktion „Kinder brauchen (Pflege-)Eltern“

Als nächsten Punkt auf der Tagesordnung thematisierte Heike Meents vom Pflegekinderfachdienst am Landratsamt den Bedarf an Pflegeeltern im Landkreis. Sie bedankte sich bei allen Bürgermeistern für ihre Unterstützung bei der schwierigen Suche nach neuen Pflegeeltern. „Seit April 2022 sind wir mit einem großformatigen Infoplakat und Flyern auf Tour durch den Landkreis Regen. In 13 Gemeinden haben wir mit der Aktion ‚Kinder brauchen (Pflege-)Eltern‘ schon Station machen dürfen und die Reise ist noch nicht beendet“, so Meents. Derzeit betreut der Pflegekinderdienst 44 Pflegefamilien, in denen 63 Pflegekinder leben. Zwar habe man bislang immer eine Lösung gefunden. Doch der Bedarf wachse, auch da man ein neues Kinder- und Jugendstärkungsgesetz habe. Dieses verpflichte das Jugendamt, für alle Kinder geeignete Pflegefamilien zu finden, also auch für die, die einen Förderbedarf oder eine Behinderung haben. Somit müsse man noch gezielter gemäß den Bedarfen der Kinder nach einer Pflegestelle suchen. „Wir brauchen daher einen größeren Pool an Pflegeeltern“, erklärte Meents. Entsprechend benötigt der Pflegekinderdienst weitere Pflegeeltern für alle Altersgruppen von Kindern und für alle Formen der Vollzeitpflege. Auch wenn der Pflegekinderdienst noch nicht sagen könne, dass man durch die Aktion neue Pflegefamilien habe akquirieren können, sei es immerhin gelungen, die Bevölkerung stärker auf das Thema aufmerksam zu machen. „Pflegeeltern sein, wie geht denn das? Können wir ein Infogespräch machen? Das sind Fragen, mit denen die Leute jetzt auf uns zukommen. Wir werten diese Aktion, die durch Sie in den Gemeinden unterstützt wird, daher als Erfolg“, wandte sich Meents an die Bürgermeister. „Dafür möchte ich Ihnen meinen Dank aussprechen.“

Franz Straub von der Unteren Bauaufsichtsbehörde informierte die versammelten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister über das Procedere beim digitalen Bauantrag. Foto: Iris Gehard / Landratsamt Regen

Digitaler Bauantrag als Paradigmenwechsel für Gemeinden

Anschließend sprach Franz Straub von der Unteren Bauaufsichtsbehörde zum Thema digitaler Bauantrag und erläuterte den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, was sich für die Bürger, aber auch für die Gemeinden ändern würde. „Ab 1. Januar werden wir den digitalen Bauantrag anbieten. Wenn man sich die zeitlichen Vorgaben des Bauministeriums anschaut, sind wir damit im Freistaat Bayern im ersten Drittel der Bauaufsichtsbehörden, die das umsetzen.“ Das Ganze bedeute jedoch verschiedene Änderungen im Verfahren, so Straub. „Bisher war man es gewohnt, dass der Bauantrag in der Gemeindeverwaltung eingeht.“ Nun komme es für die Gemeinden aber zu einem Paradigmenwechsel, da der Bauantrag und auch das Potpourri an Anträgen in diesem Zusammenhang am Landratsamt eingereicht werden müsse. Dies gelte auch für Anträge in Papierform. „Der Bürger hat ab 1. Januar die Wahlmöglichkeit zwischen digital und Papierform, beides geht aber ans Landratsamt.“ Er verwies darauf, dass das Landratsamt die Bevölkerung zeitnah über das zukünftige Procedere informieren und dafür auch eine Informationsseite auf der Landratsamts-Website einrichten werde. Im Anschluss erläuterte er den Bürgermeistern, welches Vorgehen von Landratsamt und Gemeinden nach Antragseingang vorgesehen ist.

Gemeinsam digitalisieren

Als zweites Digitalisierungsthema stellte Reinhard Wölfl von der Gruppe Verwaltungsdigitalisierung am Landratsamt eine Möglichkeit vor, wie nach dem Prinzip „Einer für alle“ die Gemeinden landkreiseinheitlich digitale Verwaltungsdienstleistungen anbieten könnten. Im Rahmen des bestehenden Behördennetzwerks könne unter Federführung der Gruppe Verwaltungsdigitalisierung Modellierung und Implementierung von Online-Bürgerprozessen für die teilnehmenden Kommunen dann analog ablaufen. Im Ergebnis greife der Bürger dann auf das gleiche Interface zu, so dass für die Bürger etwa eine Antragstellung unabhängig von der Kommune nach demselben Schema ablaufe. „Das System rechnet sich finanziell umso mehr, je mehr Gemeinden sich beteiligen“, so Wölfl. Der Vorschlag stieß bei den anwesenden Bürgermeistern auf Interesse, eine schriftliche Rückmeldung nach Absprache in den Gemeinden ist geplant.

Zum Schluss verabschiedete sich die scheidende Landrätin Rita Röhrl von den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, die ihr für die langjährige gute Zusammenarbeit dankten. „Es war eine schöne und sehr angenehme Zusammenarbeit. Dafür herzlichen Dank“, so Röhrl. „Ich hoffe, dass ihr alle den Eindruck hattet, dass ich die Kommunen im Landkreis nicht nur berücksichtige, sondern auch auf das höre, was sie sagen. Denn die Kommunen sind das Rückgrat des Landkreises.“ Die Dinge im Landkreis müssten nahtlos weitergehen, auch deshalb sei heute Dr. Ronny Raith schon mit dabei gewesen. An alle Anwesenden gewandt sagte sie: „Macht’s gut, ich wünsche euch für die Zukunft alles Gute!“

Meldung vom: 30.11.2023