Autor Dr. Franz Xaver Keilhofer beschäftigt sich mit Täter aus dem Landkreis Regen
Regen. Die Demokratie stärken, das ist eines der wichtigen Ziele des Bundesprogramms „Demokratie leben!“, an dem sich auch der Landkreis Regen aktiv beteiligt. Fester Bestandteil der Arbeit vor Ort ist es, jährlich eine Demokratiekonferenz abzuhalten, die genau dies in den Fokus stellen soll. Bei der Konferenz wird über Themen rund um die Demokratie gesprochen und auch über die Entwicklung des Projektes im Landkreis berichtet. Beim gut besuchten diesjährigen Treffen stand die Nationalsozialistische Geschichte der Region im Mittelpunkt. Dr. Franz Xaver Keilhofer referierte über Josef Glück, einem NSDAP-Funktionär, der unter anderem Bürgermeister in Zwiesel und Regen war.
„Sich erinnern und die demokratischen Werte zu verteidigen“, das sei eine Aufgabe des Projektes, sagte Sigrid Kick, Fachkraft der Koordinierungs- und Fachstelle „Demokratie leben!“ im Landkreis, bei der Begrüßung der Gäste. Frederick Fauser, Jurist und Abteilungsleiter im Landratsamt Regen, betonte, dass Deutschland eine besondere Verantwortung trage. „Die Geschichte zeigt, dass das Böse nicht immer weit weg ist“, so Fauser weiter.
Wie nah das personifizierte, aber möglicherweise unscheinbare Böse sein kann, zeigte Dr. Keilhofer in seinem Referat, in dem er auch aus seinem Buch „Ich habe niemals ein Verbrechen begangen“ las. In dem Werk befasst er sich mit der Karriere des NSDAP-Kreisleiters Josef Glück, der nach dem Krieg wegen Massenmordes in der Ukraine angeklagt wurde. Glück machte in jungen Jahren eine Ausbildung an der Glasfachschule in Zwiesel, später war er dort auch als Lehrer aktiv. „Als Fachschullehrer beruflich gescheitert, avanciert Josef Glück zum NSDAP-Kreisleiter in Vilshofen und Regen“, berichtet der Referent. Als Bürgermeister in Regen und in Zwiesel machte er sich als Kreisgauleiter unentbehrlich bei der Gauleitung in Bayreuth. Dr. Keilhofer, der selbst aus Zwiesel stammte und zum Thema über Recherchen über seinen Großvater kam, berichtete davon, dass Zwiesel bereits im Jahr 1921 einer der mitgliederstärksten Orte der NSDAP war. Schon damals war Glück aktiv. Nach der Machtergreifung der Nazis baute er auch seine persönliche Macht aus. Aus einem gescheiterten, arbeitslosen jungen Mann wurde einer der mächtigsten Kreisleiter im Gau.
Als Sonderbeauftragter des Reichsministers Alfred Rosenberg kam Glück im Jahr 1942 in die Ukraine und beteiligt sich dort an der Liquidation des Ghettos von Luzk. Durch Massenerschießungen werden mehr als 25000 Jüdinnen und Juden von deutschen Polizeibeamten ermordet. Glück ist nicht nur vor Ort, er plant und organisiert die Transporte. „In seiner Verantwortung sind die Opfer zur Exekution übergeben worden“, berichtet Dr. Keilhofer. 1944 wechselt Glück nach Udine in Italien und organisiert dort in den Karnischen Alpen den Einsatz gegen die Partisanen.
Nach dem Krieg war Glück drei Jahre inhaftiert, wurde wegen „anständiger Haltung“ entlassen und lebte bis ins Jahr 1959 unbehelligt. Dann wurden seine Verbrechen mit der Anzeige der Opferverbände öffentlich und der sollte sich vor Gericht verantworten. Wegen Herzbeschwerden und einem dauerhaften Reise- und Verhandlungsunfähigkeit, die ihm ein Amtsarzt attestierte, wurde Glück nicht vor Gericht gestellt. Leidglich knapp drei Monate Untersuchungshaft stehen am Ende zu Buche. 1978 stirbt Glück in München.
Anschließend stellte sich der Autor zusammen mit Dr. Wolfgang Proske, dem Herausgeber der Buchreihe Täter Helfer Trittbrettfahrer den Fragen der Anwesenden. Proske berichtete dabei von der Arbeit an rund 20 Büchern, in den regional über NS-Belastete berichtet wird. So ist im Niederbayern-Band auch ein Aufsatz von Dr. Keilhofer über Josef Glück zu finden. In der Diskussion berichtete Dr. Keilhofer, wie er sich auf die Suche nach Informationen machte. So habe er in den Zwieseler Archiven zumindest einige Informationen gefunden. „Aus Regen habe ich nichts erhalten“, bedauert er. In den Landes- und Staatsarchiven sei er aber fündig geworden. Dr. Proske und Dr. Keilhofer betonten dabei, dass es sicherlich noch vieles unerforschtes im lokalen Bereich gäbe. „Vieles ist unerforscht“, stellen sie fest.
Auf die Frage, „wie begann es“, fand Dr. Keilhofer eine eindeutige Antwort: „Es begann mit der Sprache und endete mit fürchterlichen Taten.“ Er hoffte, dass sich dies nicht wiederholt, auch wenn es heute genau diese Tendenz wiedergäbe. Er würde sich im politischen Diskurs heute wünschen, dass man sich mit den existenzbedrohenden Themen mehr befassen und in den Diskussionen auch auf die Sprache achten würde.
Zum Abschluss des Abends berichtete Kathrin Aichinger (Kreisentwicklung Landkreis Regen) noch über die Fortschritte bei den Regional- und Jugendforen. Zudem machte Robin Gigl von der Koordinierungsstelle noch darauf aufmerksam, dass auch weiterhin lokale Projekte gefördert werden.
Bei einem kleinen Imbiss konnten sich die Besucher der zweiten Demokratiekonferenz im Landkreis Regen noch austauschen und weiter vernetzen.