Kirchenasyl für Unglücksraben

Im Kirchturm von Rinchnach wurden sechs neue Dohlennistkästen installiert

Martin Graf beim Anbringen der Dohlennistkästen im Rinchnacher Kirchturm. Foto: Carina Kronschnabl, Naturpark Bayerischer Wald

Martin Graf beim Anbringen der Dohlennistkästen im Rinchnacher Kirchturm. Foto: Carina Kronschnabl, Naturpark Bayerischer Wald

Rinchnach. Um den Dohlenbestand in Rinchnach erhalten zu können, wurden vom Landratsamt mit Unterstützung des Naturparks Bayerischer Wald und dem Forstbetrieb Bodenmais Nistkästen am Kirchturm aufgehängt. Diese wurden so befestigt, dass die Dohlen nicht in den Kirchturm hineinkönnen.

Nicht nur für die Rinchnacher Kirchgänger und den ein oder anderen Touristen ist die schönste Barockkirche des Bayerischen Waldes ein Highlight in der Region. Schon seit längerem sieht man rund um die Kirche eine Gruppe von schwarz-grauen Rabenvögeln, denen die Pfarrkirche Sankt Johannes der Täufer anscheinend auch sehr gut gefällt. Dabei handelt es sich um Dohlen, etwa taubengroße Singvögel, die bekannt für ihre bedingungslose Treue zu ihrem Lebenspartner sind.  Auch wenn die Dohle als sogenannter Kulturfolger früher sogar vom Menschen profitiert hat, geht der Dohlenbestand in Bayern immer mehr zurück. Seit 1999 ist er um etwa die Hälfte geschrumpft und in Teilen Ostbayerns gar bedroht (Quelle: Landesbund für Vogelschutz). Die Gründe dafür sind vielfältig. Vor allem die Intensivierung der Forstwirtschaft sorgte für ein Verschwinden von Brutmöglichkeiten. Die oftmals intensiv genutzten Agrarlandschaften sorgen zusätzlich für Nahrungsmangel. Dass die Höhlenbrüter im Wald immer weniger Brutnischen finden, führte bereits vor langer Zeit dazu, dass sich Dohlen in alten Bauwerken einnisten.

Beispielsweise durch Kirchensanierungen wurde aber auch dieser Lebensraum immer knapper. Am Rinchnacher Kirchturm wurden dazu bereits vor Jahren vier Dohlennistkästen angebracht. Damit zumindest die momentane Population erhalten bleiben kann, wurden jetzt sechs weitere Nistkästen installiert. In den Turm hinein können die Dohlen allerdings nicht. Durch ein bereits vorhandenes Gitter ist der Weg zum Inneren des Turmes versperrt. Nur der direkte Zugang zu den Kästen über das Einflugloch steht den Dohlen offen.

Naturpark-Rangerin Carina Kronschnabl beim Anbringen der Dohlennistkästen im Rinchnacher Kirchturm. Foto: Martin Graf, Landratsamt Regen

Naturpark-Rangerin Carina Kronschnabl beim Anbringen der Dohlennistkästen im Rinchnacher Kirchturm. Foto: Martin Graf, Landratsamt Regen

Organisiert wurde die Aktion vom Biodiversitätsberater Martin Graf von der unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Regen. „Man hätte durchaus noch mehr Nistkästen anbringen können. Ziel ist aber lediglich, die momentane Population in ihrer stabilen Größe zu erhalten“, sagt er.  „Bei zu vielen Nistkästen könnte gar eine ungewollte Konkurrenzsituation entstehen, indem man weitere Dohlen aus dem Umland anzieht, die dann alle im Rinchnacher Kirchturm brüten wollen. Für einen stabilen Dohlenbestand wollen wir lieber weitere Nistkastenstandorte in der näheren Umgebung von Rinchnach finden“, so der Biodiversitätsberater weiter. In Frage käme hier beispielsweise die Burgruine Weißenstein, „wo man erstmals seit langer Zeit wieder Dohlen sichten kann, die von Rinchnach abgewandert sein könnten und wahrscheinlich nach Brutplätzen Ausschau halten.“

Möglich gemacht hat die Hilfsaktion Paul Hilgart, Leiter der Lehrwerkstatt beim Forstbetrieb Bodenmais. Hilgart und seine Lehrlinge haben bereits in der Vergangenheit Nistkästen gebaut und waren auch diesen Winter wieder fleißig am Bauen. „Dank Paul Hilgart und dem Forstbetrieb Bodenmais können wir immer wieder unbürokratisch und für uns kostenlos Nistkästen beziehen. Wir bedanken uns dabei auch ganz herzlich bei den Lehrlingen, die gute Arbeit beim Nistkastenbau geleistet haben“, weiß Martin Graf zu schätzen.

Genauso wichtig war die Unterstützung der Naturpark-Rangerin Carina Kronschnabl. Auch sie war an der Organisation der Aktion beteiligt, hat beispielsweise das nötige Werkzeug besorgt und beim Anbringen der Kästen mitgeholfen. „Der starke Rückgang vieler heimischer Arten stimmt mich nachdenklich und ich freue mich immer sehr über die Möglichkeit, eine Art durch gezielte Schutzmaßnahmen zu unterstützen. Ich hoffe, dass wir so dazu beitragen konnten, auf Dauer einen stabilen Bestand dieser geselligen und gescheiten Rabenvögel im Bayerischen Wald zu erhalten“, sagt sie.

Dank der Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure konnte so den Unglücksraben geholfen werden. Diesen unrühmlichen Beinamen hat die Dohle übrigens zu Unrecht, finden die Beteiligten. „Für den Menschen kann sie als biologischer Schädlingsbekämpfer nämlich durchaus nützlich sein“, meint Martin Graf. Die Nahrung der Dohlen besteht neben Obst unter anderem aus Insekten, Würmern und Schnecken. Unglück hat sie, wenn dann nur selber, da sie immer mehr auf die Unterstützung durch Menschen angewiesen ist.

 

Meldung vom: 28.01.2021