Energiegesellschaft auf den Weg gebracht – Entscheid für Hauswirtschaftsschule im Grünen Zentrum
Kirchdorf im Wald. Bei seiner 18. Sitzung war der Kreistag erstmals zu Gast im neuen Gemeindezentrum in Kirchdorf im Wald. Mit insgesamt sieben öffentlichen Tagesordnungspunkten befassten sich die Kreisräte dort. Darunter befanden sich wichtige Weichenstellungen wie die Entscheidung des Gremiums für die Hauswirtschaftsschule im Grünen Zentrum oder die Befürwortung einer Energiegesellschaft, die eine wesentliche Rolle spielt bei der Erreichung von Energieautarkie im Landkreis und für mehr lokale Wertschöpfung.
Aktueller Stand im Nationalpark
Landrat Dr. Ronny Raith begrüßte die Anwesenden und dankte dem Kirchdorfer Bürgermeister Alois Wildfeuer dafür, das neue Gemeindezentrum für die Kreistagssitzung zur Verfügung gestellt zu haben. Wildfeuer gab einen kleinen Überblick über die erfolgreiche Umsetzung des Projekts und die vielseitige Nutzung des Gebäudes, das unter anderem eine Bücherei beherberge und dessen Keller einer Blaskapelle als Probenraum diene.
Als ersten Tagesordnungspunkt stellte sich danach Ursula Schuster als neue Nationalparkleiterin offiziell den Kreisrätinnen und -räten vor. Sie gab einen Rückblick auf die Situation im Nationalpark im Jahr 2023 sowie einen Ausblick auf zukünftige Projekte. „Ein wichtiges Anliegen ist mir, an der Akzeptanz des Nationalparks in der Region zu arbeiten, und ihn zusammen mit Ihnen und der Bevölkerung weiterzuentwickeln“, wandte sich Schuster an das Gremium. Deshalb lege der Nationalpark großen Wert darauf, Themen wie das Borkenkäfermanagement transparent zu kommunizieren. 2023 sei besonders der Zwieseler Winkel mit den Dienststellen Scheuereck und Bayerisch Eisenstein betroffen gewesen, dort seien insgesamt 174.000 Festmeter Schadholz angefallen. 2024 habe man sich auf das Schlimmste eingestellt, einfach um auf alle Eventualitäten bestmöglich vorbereitet zu sein. Das Augenmerk liege weiter auf den genannten Revieren, man sei im Dialog mit den angrenzenden Waldbauern: „Wir setzen uns intensiv mit den Forderungen der Waldbauern auseinander, natürlich unter Einhaltung der Ziele des Nationalparks“, erklärte Schuster. Man veranstalte beispielsweise auch Bürgerwanderungen, um mit den Menschen in Dialog zu kommen, die oft erschüttert seien, weil sich das Waldbild so drastisch ändere. Hier könne man auch Ängste nehmen, indem man die Entwicklung in der Natur und die Walderneuerung erkläre. Schuster ging auch auf weitere Projekte ein, wie den Ausbau der Kooperation mit Kindergärten und Schulen im Bereich Umweltbildung, die Weiterentwicklung der Barrierefreiheit oder das Naturerlebnis Wistlberg.
Umbesetzungen und Bürgschaft für LLZ
Nach der Genehmigung der Niederschrift der letzten Sitzung des Kreistages ging es dann um zwei Umbesetzungen im Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Straubing. Das Gremium stimmte zu, dass Kreisrat Hermann Keilhofer weiterhin Verbandsrat für die CSU-Fraktion bleibt und Kreisrat Edwin Schedlbauer sein neuer Stellvertreter wird. Kreisrat Dr. Stefan Brücklmayer wird Verbandsrat für den von der SPD-Fraktion freiwillig abgegebenen Sitz, während Kreisrat Dr. Egid Werner wie bisher den Posten des Stellvertreters übernimmt. Außerdem beschloss der Kreistag einstimmig, der Empfehlung des Kreisausschusses zu folgen und eine Bürgschaft für die etwa zwei Millionen Euro Fördermittel zu übernehmen, die Bund und Land für den Ausbau des Landesleistungszentrums (LLZ) am Großen Arbersee zur Verfügung gestellt hatten.
Bezuschussung der Volkssternwarte Eschenberg
Außerdem setzten sich die Kreisrätinnen und -räte mit dem Zuschussantrag des Naturparks Bayerischer Wald für das Projekt Volkssternwarte Eschenberg auseinander. Naturpark-Geschäftsführer Hartwig Löfflmann stellte das Projekt vor und betonte, dass der Eschenberg in der Gemeinde Kirchdorf im Wald ein optimaler Standort für eine Sternwarte sei, denn er gelte neben dem Wendelstein in den Bayerischen Alpen als einer der besten Beobachtungsplätze. „Die Sternwarte auf dem Wendelstein ist für die Öffentlichkeit aber nicht zugänglich.“ Der Naturpark plane zusammen mit dem Verein Bayerwald-Sternwarte und der Sternwarte Klet‘ bei Budweis dort das größte barrierefreie Teleskop Deutschlands zu errichten. Es solle über eine Interreg-Förderung und weitere Finanzmittelgeber in den Jahren 2024 bis 2027 realisiert werden, so Löfflmann, der den Landkreis hierfür um finanzielle Unterstützung bat. Der Naturpark-Geschäftsführer verwies darauf, dass neben dem normalen Betrieb auch eine Remote-Steuerung von überall her möglich sei, im Speziellen vom Naturparkhaus Zwiesel und von der Sternwarte in Klet‘ aus, aber auch von Schulen oder Bildungsreinrichtungen. „Gerade in Zeiten des Klimawandels ist es für die Tourismusregion Bayerwald/Böhmerwald wichtig, neue Ideen für Tourismuskonzepte zu entwickeln“, betonte Löfflmann.
Landrat Dr. Raith erklärte, dass das Thema zuvor im Kreisausschuss sehr kontrovers diskutiert worden sei und man sich dort mehrheitlich dafür ausgesprochen habe, die Volkssternwarte in derselben Höhe zu bezuschussen wie der Bezirk Niederbayern, unter der Prämisse, dass das Projekt verwirklicht werde. Der Kreistag folgte dieser Empfehlung des Ausschusses mit Mehrheitsbeschluss, demnach soll die Volkssternwarte mit 50.000 Euro gefördert werden. Die Kreisrätinnen und -räte waren sich einig, dass das Projekt sehr innovativ sei, den Fördermöglichkeiten des Landkreises derzeit aber Grenzen gesetzt seien.
Entscheidung für die Gründung einer Energiegesellschaft
Als sechsten öffentlichen Tagesordnungspunkt befassten sich die Kreisrätinnen und Kreisräte mit dem Thema Gründung einer Energiegesellschaft. Auch hier folgte das Gremium einem Empfehlungsbeschluss des Kreisausschusses und stimmte mehrheitlich dafür. Zuvor hatte Klimaschutzmanager Alexander Achatz das wegweisende Projekt noch einmal kompakt erläutert. „Bis 2040 kann eine bilanzielle Eigenversorgung des Landkreises durch erneuerbare Energiequellen erreicht werden“, so Achatz. Es habe viele Vorteile für die Bürgerinnen und Bürger, wenn der Landkreis diese Entwicklung vorantreibe, unter anderem weil man so Wertschöpfung in der Region generieren und halten könne. „Wir haben uns verschiedene Modelle angeschaut und nach genauer Prüfung hat uns die Lösung im Landkreis Haßberge am besten gefallen“, erklärte der Klimaschutzmanager. Dort gebe es die Gesellschaft zur Umsetzung erneuerbarer Technologieprojekte im Landkreis Haßberge mbH, kurz GUT Haßberge mbH. „Die GUT ist eine gemeinsame Gründung von Landkreis und Kommunen, sie entwickelt Standortkonzepte für Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien“, erläuterte Achatz. Nachdem sich die GUT mit den Gemeinden auf ein Ausbauziel geeinigt habe, entwickle sie die Projekte bis hin zur schlüsselfertigen Anlage, die im Anschluss an eine Bürgerenergiegenossenschaft übergeben werde. Analog zu diesem Modell schlage man vor, hier im Landkreis eine GUT Regen mbH zu gründen.
Landrat Dr. Raith erklärte, das Projekt sei zukunftsweisend und bereits vielfach in den Gremien besprochen worden. „Irgendwann ist einfach der Zeitpunkt da, wo man ein Projekt aufs Gleis setzen muss“, so der Landrat. Dieser Zeitpunkt sei aus seiner Sicht gekommen: „Heute geht es um eine Grundsatzentscheidung. Wollen wir diesen Weg beschreiten oder nicht?“ Die Kreisrätinnen und -räte diskutierten das Thema intensiv. Die AfD-Fraktion meldete sich mit dem Anliegen zu Wort, der Kreistag möge ein Ratsbegehren durchführen, dass die Landkreisbürger durch einen Bürgerentscheid über die Einrichtung einer Energiegenossenschaft befragt werden, und stellte während der Sitzung einen entsprechenden Antrag. Der Landrat bewertete den bereits vorliegenden Beschlussvorschlag auf Gründung der Energiegesellschaft aber als weitergehender als das eingereichte Ratsbegehren. Eine mehrheitliche Zustimmung zu diesem Vorschlag könne somit auch als eine Antwort des Kreistags auf das eingereichte Ratsbegehren gesehen werden, es würde dadurch gegenstandlos. Sollte der vorliegende Beschlussvorschlag abgelehnt werden, werde über das Ratsbegehren abgestimmt. Die Kreisrätinnen und -räte votierten mit großer Mehrheit für den Beschlussvorschlag zur Gründung der Gesellschaft, unter dem Vorbehalt, dass eine ausreichende Zahl von Kommunen teilnimmt und diese mindestens 50000 Einwohner des Landkreises repräsentieren. Dafür wird nun auch die notwendige Anschubfinanzierung in Höhe von 300000 Euro bereitgestellt, verteilt auf die Haushaltsjahre 2024 und 2025. Voraussetzung ist, dass in diesem Zeitraum auch die beteiligten Kommunen insgesamt 300000 Euro zur Verfügung stellen.
Hauswirtschaftsschule soll ins Grüne Zentrum kommen
Als letzten Punkt der öffentlichen Tagesordnung befasste sich das Gremium mit der Verlegung der Abteilung Hauswirtschaft der Landwirtschaftsschule in Regen ins geplante Grüne Zentrum sowie mit möglichen Alternativen dazu in landkreiseigenen Liegenschaften. Das Thema sei im Schul- und Kulturausschuss vorberaten und sehr kontrovers diskutiert worden, so der Landrat. „Dort ist bewusst kein Empfehlungsbeschluss gefasst worden“, betonte er. Man sei sich einig gewesen, dass ein Signal von der Stadt Regen notwendig sei, ob die Stadt das Gesamtprojekt wirklich wolle und finanziell stemmen könne. Nachdem Thomas Frisch vom Gebäudemanagement und kreiseigenen Hochbau des Landratsamtes alle Optionen für die Landwirtschaftsschule noch einmal vorgestellt hatte, übergab Raith deshalb das Wort an Kreisrat Andreas Kroner, gleichzeitig Bürgermeister der Stadt Regen. Kroner teilte mit, dass sich der Stadtrat in einer Sondersitzung am 14. März mit dem Thema befassen werde. Es gebe für die Stadt einige Punkte, die diskutiert werden müssten. Klar sei, dass Amt und Schule am selben Ort bleiben müssten, um gravierende Nachteile zu verhindern. Letztlich gehe es nicht nur um den Erhalt der Schule, sondern auch des Landwirtschaftsamtes und der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Kreisrat Helmut Brunner drängte darauf, dass die Stadt Regen möglichst schnell eine Entscheidung treffen müsse und stellte einen Antrag, für den der Kreistag im Anschluss einstimmig votierte: Unter dem Vorbehalt, dass das Grüne Zentrum errichtet wird, wurde die Verlagerung der Hauswirtschaftsschule dorthin beschlossen. Gelingt es der Stadt Regen nicht, bis zum 30. Juni eine Zusage zum Bau des Grünen Zentrums zu geben und einen Zeit- und Finanzierungsplan vorzulegen, zieht der Landkreis die anderen Alternativen ernsthaft in Erwägung.