Traditioneller Neujahrsempfang von Bundeswehr, Landkreis und Stadt Regen

Knapp 250 Gäste waren zur gemeinsamen sicherheitspolitischen Veranstaltung mit Neujahrsempfang gekommen. Foto: Iris Gehard / Landratsamt Regen
Regen. Die gemeinsame sicherheitspolitische Veranstaltung mit Neujahrsempfang des Panzergrenadierbataillons 112, der Stadt Regen und des Landkreises Regen im Speisesaal der Bayerwaldkaserne ist längst Tradition. Auch dieses Mal kamen wieder viele Gäste aus Politik, Wirtschaft, Bildungssektor, von Ämtern und Behörden, Kirche sowie Bundeswehr und österreichischem Bundesheer zusammen, um den Reden von Kommandeur, Landrat und Bürgermeister zu lauschen. Diese setzten sich sehr kritisch mit den Herausforderungen für Bundeswehr, Landkreis, Kommunen, aber auch für die Gesamtgesellschaft auseinander.
„Putin will die uns bekannte Weltordnung untergraben“

Bürgermeister Andreas Kroner (2.v.li.), Landrat Dr. Ronny Raith (3.v.li.) und Kommandeur Sean Kevin Papendorf (4.v.li.) begrüßten die Gäste, darunter Regierungspräsident von Niederbayern Rainer Haselbeck. Foto: Iris Gehard / Landratsamt Regen
Zum ersten Mal sprach Sean Kevin Papendorf, der seit letztem Jahr neuer Kommandeur des Panzergrenadierbataillons 112 ist, bei der Traditionsveranstaltung. Er begrüßte die knapp 250 Gäste und betonte: „Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit, damit wir den Anforderungen an eine sichere und stabile Zukunft gerecht werden.“ Diese Anforderungen sind vielfältig, wie er in einer anschließenden Präsentation darlegte. Sie stehen auch und gerade in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und der Bedrohungslage in Europa. Papendorf gab einen Überblick über den bisherigen Kriegsverlauf sowie über strategische Ziele und Handlungsoptionen Russlands. Die Bundeswehr bilde ukrainische Streitkräfte aus, daran sei in der Vergangenheit auch das Panzergrenadierbataillon 112 beteiligt gewesen. Man tue gut daran, diese Kräfte nach bestem Gewissen zu unterstützen: „Dort wird die Sicherheit Europas verteidigt.“ Denn die Ambitionen Russlands machten nicht in der Ukraine halt. Zu den strategischen Optionen gehöre zum Beispiel „der Griff auf das Baltikum, mit dem Ziel eine Brücke zu schlagen zwischen der Exklave Kaliningrad und Belarus“, so der Kommandeur. „Nach russischer Doktrin ist das ein Angriff für einen Tag.“ Wenn er gelinge, sei das Baltikum auf der Landlinie abgeschnitten von Europa. Doch auch ein Angriff auf das Baltikum und Skandinavien gehöre zu den möglichen Szenarien. Dem müsse man mit einem gesunden Potenzial an Abschreckung begegnen, damit die Hemmschwelle so hoch und es für Putin kein Gewinn sei, entsprechende Pläne in die Tat umzusetzen. Papendorf warnte: „Putin will die uns bekannte regelbasierte Weltordnung untergraben, das hat er erst Ende des vergangenen Jahres bei einer Rede in Sotschi unterstrichen“.
Erster Redner des Abends war Kommandeur Sean Kevin Papendorf. Er ging auf die Bedrohung Europas durch Russland ein. Foto: Iris Gehard / Landratsamt Regen
Der russische Machthaber strebe eine neue Weltordnung an. Umso wichtiger sei es, die Befähigung zu haben, diesen umfassenden Ambitionen entgegenzutreten. Somit müsse man durchaus, so Papendorf, über Begriffe sprechen, die man Jahrzehnte lang nicht mehr benutzt habe; wie etwa Kriegstüchtigkeit oder Kriegsfähigkeit und wie man diese herstellen und halten könne. Und man müsse jetzt darüber diskutieren, wie hoch ein Verteidigungshaushalt sein sollte. Mehr als 50 Prozent des Verteidigungshaushalts seien reine Betriebskosten, deshalb sei auch das 100-Milliarden-Sondervermögen – inflationsbereinigt 84 Milliarden – für die Bundeswehr so wichtig gewesen, damit man dem durch das Grundgesetz gegebenen Auftrag nachkommen könne. Man dürfe nicht vergessen, dass der Unterhalt einer Kaserne heute teurer sei als früher und auch Panzer mehr kosteten. Von all dem seien auch die Regener Soldatinnen und Soldaten betroffen, die eine Rolle im Rahmen der neuen Nato-Truppenstruktur zu erfüllen hätten. Wenn man etwa die Nato-Ostflanke verteidigen müsse, habe auch das Panzergrenadierbataillon 112 in 30 Tagen klar zum Gefecht im 1700 Kilometer entfernten Litauen zu sein. Dafür benötige es Vorbereitung. In eineinhalb Monaten fahre daher fast das gesamte Regener Führungskorps nach Litauen, um einen Operationsplan auszuarbeiten. Kernaufgabe der Regener Panzergrenadiere sei aus seiner Sicht, „für die eigenen Werte zu kämpfen und sie zu verteidigen“, so Papendorf.
„Wandel ist per se nichts Schlechtes“
Jeder der Anwesenden und jeder Landkreisbürger habe die Aufgabe, die Heimat mitzugestalten, betonte Landrat Dr. Ronny Raith. Foto: Iris Gehard / Landratsamt Regen
Nicht nur die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr müssen neuen Herausforderungen begegnen, auch die gesamte Gesellschaft, weit über den Landkreis hinaus. Das betonte Landrat Dr. Ronny Raith in seiner anschließenden Rede. „Unser Auftrag“, wandte er sich an die Anwesenden, „ist, dafür zu sorgen, dass es den Menschen in unserer Heimat gut geht.“ Der Schlüssel dafür sei „der Zusammenhalt, und auf den wird es in Zukunft noch mehr ankommen.“ Man lebe in Zeiten des Wandels, was per se nichts Schlechtes sei, denn ohne Wandel gebe es keinen Fortschritt. Gleichzeitig sei der Wandel mit Herausforderungen verbunden. „In manchen Teilen der Gesellschaft gibt es eine gewisse Sehnsucht, auch eine Systemveränderung als solche herbeizuführen“, so Raith. „Unsere Aufgabe ist, diesen Entwicklungen klar entgegenzutreten.“ Der besondere Wert unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung müsse tagtäglich neu betont werden und jeder einzelne sei aufgefordert, sich für deren Verteidigung einzusetzen.
Die Kernaufgabe der Gesellschaft werde es sein, ohne gesellschaftliche Verwerfungen Dinge auf ein gesundes Maß zurückzuführen. Man müsse „bekennen, dass nicht mehr alles möglich ist, weil es das Gemeinwesen überfordert.“ Entsprechend müsse man sich der Notwendigkeit stellen, Standards zu überprüfen und auch zu senken. In Deutschland habe sich über Jahrzehnte das Bedürfnis gebildet, alles zu regeln. Das sei aufwändig und angesichts des demografischen Wandels, der gerade beginne, „werden Köpfe, Herzen und Hände knapp.“ Außerdem sei an vielen Stellen eine Scheu festzustellen, Verantwortung zu übernehmen. Er plädiere nicht dafür, blind ins Risiko zu gehen. Man müsse es im Blick haben. Aber man lasse Chancen und Möglichkeiten liegen, wenn man zu sehr überlege, was schiefgehen könne. „Wir müssen uns wieder etwas trauen“, rief der Landrat die Zuhörerinnen und Zuhörer auf. Die Schlüsselworte dafür seien Ehrlichkeit und Vertrauen. „Wir müssen den Leuten ehrlich sagen, wie es ausschaut“, so Raith. Diese Ehrlichkeit schaffe dann Vertrauen; ein Vertrauen, das wiederum notwendig sei, um Komplexität zu reduzieren. „Jeder von uns ist angehalten, weder Mut noch Glauben zu verlieren. Vertrauen wir trotz aller Herausforderungen auf die Stärke und Stabilität unserer Gemeinschaft und starten wir mit diesem Vorsatz gut ins Jahr 2025“, betonte Raith.
„Gemeinsam für Frieden und Sicherheit“
Bürgermeister Andreas Kroner sprach über die wichtigen Themen für die Stadt Regen in diesem Jahr. Foto: Iris Gehard / Landratsamt Regen
Nach diesen sehr ernsten Worten hatte Regens Bürgermeister Andreas Kroner positive Nachrichten zu verkünden. Die Stadt Regen sei wirtschaftlich gut durch das vergangene Jahr gekommen, auch wenn die Haushaltsgestaltung in Zukunft eine Herausforderung sein werde. Er merkte an, dass so manche Förderauszahlung nur schleppend verlaufe, hier sei bei Bund und Land Optimierungspotenzial. Auf dem Rodenstockgelände gehe es vorwärts, dort „ist eine Abrissanzeige eingegangen und der Bauantrag für einen ersten Bauabschnitt gestellt worden“, so Kroner. Auch beim Grünen Zentrum werde dieses Jahr eine Entscheidung fallen, auch wenn es zuvor noch Gespräche geben müsse.
Im vergangenen Jahr habe man einen Kreisverkehr fertigstellen können, der in Deutschland sicher einmalig sei und die enge Beziehung von Stadt und Bevölkerung mit den Bayerwaldgrenadieren zum Ausdruck bringe. In diesem Jahr freue er sich besonders auf einen Termin, den Kommandeur Papendorf zuvor bereits angekündigt hatte: Am 12. Juli dieses Jahres wird es einen Tag der offenen Tür in der Bayerwaldkaserne geben. Auch auf die Diskussion um die Bahnbrücken ging Kroner ein. So sei für die Stadt Regen sehr wichtig, dass ein Bahntransport der Bundeswehr stattfinden könne, dies sei für die Stadtratsentscheidung essentiell gewesen. Bevor man jetzt zum Netzwerken übergehe, das auch schon gute Tradition sei, wandte sich Kroner abschließend mit dem Aufruf an die Anwesenden: „Stehen wir gemeinsam für Frieden und Sicherheit ein.“