Ausverkauftes Haus trotz schwerer Kinokost

Sie begrüßten die Gäste im Filmtheater Viechtach (v.li.): Kinobetreiberin Melanie Reil, die Kommunale Jugendpflegerin Dr. Edith Aschenbrenner, Bürgermeister Franz Wittmann, Alexander Lange (Jugendgerichtshilfe) und der stellvertretende Landrat Dr. Ronny Raith. Foto: Heiko Langer/Landkreis Regen

 Kinobetreiberin Melanie Reil und der Landkreis Regen präsentierten bei freiem Eintritt „Gefangen im Netz“

Sie begrüßten die Gäste im Filmtheater Viechtach (v.li.): Kinobetreiberin Melanie Reil, die Kommunale Jugendpflegerin Dr. Edith Aschenbrenner, Bürgermeister Franz Wittmann, Alexander Lange (Jugendgerichtshilfe) und der stellvertretende Landrat Dr. Ronny Raith. Foto: Heiko Langer/Landkreis Regen

Sie begrüßten die Gäste im Filmtheater Viechtach (v.li.): Kinobetreiberin Melanie Reil, die Kommunale Jugendpflegerin Dr. Edith Aschenbrenner, Bürgermeister Franz Wittmann, Alexander Lange (Jugendgerichtshilfe) und der stellvertretende Landrat Dr. Ronny Raith. Foto: Heiko Langer/Landkreis Regen

Viechtach. „Auf einen unterhaltsamen klassischen Kinoabend können wir uns heute nicht freuen“, warnte der stellvertretende Landrat Dr. Ronny Raith schon vor dem Filmabend im bis auf den letzten Platz gefüllten Viechtacher Filmtheater. Zusammen mit der Kinobetreiberin Melanie Reil, der kommunalen Jugendpflegerin Dr. Edith Aschenbrenner und Alexander Lange von der Jugendhilfe in Strafverfahren  begrüßte Dr. Raith zur Vorführung des Dokumentarfilms „Gefangen im Netz“ die Gäste.

Er bedankte sich bei Reil für ihren Einsatz. „Sie hat die Initiative zur Kinoaktion des Landkreises gegeben“, stellte der stellvertretende Landrat fest und der Publikumszuspruch in allen drei Kinos im Landkreis habe gezeigt, dass das Thema Cybergrooming die Menschen beschäftigt. Der tschechische Dokumentarfilm zeigt, wie es drei vermeintlich zwölfjährigen Mädchen im Internet ergeht. In gerade einmal zehn Tagen bekamen sie mehr als 2000 Kontaktanfragen. „Es ist erschreckend zu sehen, wie die Männer auf die Mädchen zugehen und sie sexuell ausnützen“, stellte Reil im Vorfeld fest und wandte sich mit der Bitte um Unterstützung an das Jugendamt. Gemeinsam entschloss man sich dazu den Film kostenlos zu präsentieren. „Ich freue mich, dass meine Kollegen aus Zwiesel und Regen auch gleich mitgemacht haben“, sagt Reil und so wurde an drei nacheinander folgenden Tagen der Film in den Lichtspielhäusern Regen, Zwiesel und Viechtach gezeigt. Fast 300 Zuschauer kamen zu den Aufführungen.

Die letzte Aufführung war im mit 91 Plätzen ausverkauften Kino in Viechtach. Hier nahm sich auch der stellvertretende Landrat Dr. Raith, der im Hauptberuf als Strafverteidiger tätig ist, die Zeit den Film zu betrachten und anschließend mit den Gästen über das Gesehene zu diskutieren. „Es ist wichtig, dass das Thema behandelt wird“, betont Dr. Raith. Wobei Eltern nicht mit Misstrauen ihre Kinder verfolgen sollten, sondern immer versuchen sollten die Vertrauensbasis zum Kind so aufzubauen, dass ein von Missbrauch bedrohtes Kind auch den Eltern davon berichtet. In seiner beruflichen Praxis habe er erfahren, dass das Thema längst kein städtisches Thema mehr ist, sondern auch im ländlichen Raum Kinder betrifft.

„Das Internet ist überall“, sagt auch Dr. Aschenbrenner und weist darauf hin, dass es im Landkreis Regen viele Hilfsangebote gibt. Eine Liste mit Anlaufstellen für Betroffene wurde jedem Besucher nach der Filmvorführung mit nach Hause gegeben. Im Film spielen kindlich aussehende aber dennoch erwachsene Frauen die zwölfjährigen Mädchen. Ihre Erlebnisse reichen von plumper Anmache über das unaufgeforderte Zusenden männlicher Geschlechtsteile bishin zur Erpressung und sexuellen Nötigung. Nach der Vorführung war es in Viechtach wie schon zuvor in Regen und Zwiesel: Erstmals schwieg das Publikum. Wie in den anderen Orten gab es auch in Viechtach das Angebot zum Gespräch. Verschiedene Fachkräfte von der Sozialpädagogin über die Kriminalpolizistin bishin zum Staatsanwalt nahmen sich die Zeit für einen Austausch. So konnten die Besucher nach dem Film über das Gesehene reden.

„Uns ist wichtig zu zeigen, dass es auch ein breites Hilfsangebot gibt“, betont Dr. Aschenbrenner. Man wolle nicht, dass die Eltern, Erzieher und andere Filmbesucher nach Hause gehen und die Handys der Kinder durchsuchen. „Wir wollen auf die Gefahren hinweisen“, erklärt die Pädagogin und weist darauf hin, dass es wichtig ist zu den Kindern ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. „Die Kinder sollten im Falle eines Falles eine Anlaufstelle haben“, so Dr. Aschenbrenner weiter. Grundsätzlich sei es wichtig, dass man mit Kindern auch über diese Themen spricht, idealerweise schon vor den ersten Erlebnissen im Internet.

Die Verantwortlichen im Landratsamt hoffen, dass auch viele Schulen das Thema aufgreifen. „Es gibt auch eine FSK-12-Version des Films“, berichtet Lange. Diese Version sei gut für die Schulen geeignet und die Kinos, wie das in Viechtach, würden kostenlose Sondervorführungen für die Schulen anbieten. „Zudem gibt es vom Filmverleih gutes Unterrichtsmaterial, denn unvorbereitet sollte man den Film nicht besuchen“, so Lange weiter. Nachdem der Film in Viechtach schon online ausverkauft war und nicht alle Interessenten den Film sehen konnte, versprach die Kinobetreiberin Melanie Reil, dass sie den Film ein weiteres Mal kostenlos vorführen werde.

Hintergrund

Als Cybergrooming bezeichnet man das Suchen von Opfern im Internet. Dabei nutzen die Täterinnen und Täter gezielt auch Programme- und Plattformen für Kinder und Jugendliche. Die Opfer werden dabei auch in Chats von Spielen oder auf Kinderseiten angesprochen. Die Zahl der Anzeigen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Experten gehen von hohen Dunkelziffern aus. Wer von Cybergrooming betroffen ist, kann sich vertrauensvoll an das Kreisjugendamt Regen unter 09921-601425, an andere örtliche Beratungsstellen oder an die Polizei wenden.

Meldung vom: 06.02.2023