Es bleibt dabei, die Firma Nachtmann verlässt Frauenau – Landrat fordert „Hilfe für die Betroffenen“

 - Nachtmann-Geschäftsführer Alois Kaufmann (v.li.) traf sich am Dienstagvormittag mit Landrat Michael Adam und Bürgermeister Herbert Schreiner. Foto: Langer/Landkreis Regen Regen. Keine neuen Ergebnisse im Kernanliegen brachte am Dienstagvormittag ein Gespräch zwischen dem Nachtmann-Geschäftsführer Alois Kaufmann, dem Frauenauer Bürgermeister Herbert Schreiner und Regens Landrat Michael Adam. „Herr Kaufmann hat uns erklärt, dass das Unternehmen auf der Werkschließung in Frauenau bestehen wird“, sagt Adam nach dem Gespräch. Eigentlich haben er und Schreiner wissen wollen, was die Politik tun müsse, damit das Werk weiterhin bestehen kann, doch hierzu konnten sie vom Firmenvertreter Kaufmann nichts erfahren.

Ein harter Schlag für die betroffenen Menschen
„Wir haben die Frage diskutiert, ob es für das Unternehmen noch eine Zukunft in Frauenau gibt und Herr Kaufmann hat uns erklärt, dass es aus Sicht des Unternehmens keine Kehrtwende geben wird. Er sprach davon, dass man sich die Entscheidung nicht leicht gemacht habe, dass der Entschluss aber klar und alternativlos ist“, so Adam weiter. Die beiden Politiker können nach wie vor nicht nachvollziehen, dass ein Unternehmen, das vor wenigen Wochen noch den Ausbau des Standortes plante, heute auf einer Werkschließung in Frauenau beharrt. Dabei hätte die örtliche Politik, Gemeinde wie Landkreis, alles für einen Erfolg im Bayerischen Wald getan. „All das, was ich heute gehört habe, erinnert mich an die Ereignisse in Riedlhütte und Spiegelau. Von dort haben mir die damaligen Bürgermeister und auch mein ehemaliger Landratskollege berichtet, dass die Unternehmensgruppe Riedel/Nachtmann das Standort-Aus sehr kühl bekanntgegeben habe. Und schon damals habe man keine Alternativen mit der Unternehmensführung verhandeln können, genau wie heute“, ärgert sich der Landrat. Wenn der Geschäftsführer ihm berichtet, dass das Unternehmen zukünftig die gleichen Stückzahlen produzieren will, aber mit neuer Technik und ohne die Frauenauer Mitarbeiter in Weiden, dann sei dies für die Region und vor allem für die betroffenen Menschen ein harter Schlag. Adam wie Schreiner sehen angesichts des Gesprächs für den Landkreis und die Gemeinde keine Möglichkeiten mehr für die Kommunalpolitik, das Unternehmen im Ort zu halten.

Hoffen auf die Hilfe von Seiten der Landespolitik
„Hier kann allenfalls noch die große Politik helfen, unsere Mittel sind ausgereizt“, meint der Landrat und so wird er sich am Dienstagnachmittag auf den Weg nach München machen. Im Wirtschaftsministerium will er mit Staatsministerin Ilse Aigner und dem Landkreisabgeordneten Landwirtschaftsminister Helmut Brunner über das weitere Vorgehen beratschlagen. Dabei sei ihm angesichts des bisherigen Firmenverhaltens und auch angesichts der Worte des Geschäftsführers klar, dass der Standort wohl nicht zu retten sein wird. „Ich fürchte, dass auch die Staatsministerin die Firma Nachtmann nicht zum Umdenken bewegen kann“, meint Adam und dennoch hält er das Gespräch für sehr wichtig: „Es geht um das Schicksal vieler Menschen. Hier wird die Zukunft von treuen Mitarbeitern, die sich stets loyal für ihren Betrieb eingesetzt haben, geopfert.“ So hofft er auf Unterstützung aus der Landeshauptstadt.

Landrat will den Beschäftigten beistehen
„Jetzt sind wir alle gefordert, den Beschäftigten beizustehen, jeder auf seine Art und Weise und jeder mit seinen Möglichkeiten“, so die Forderung von Landrat Adam. Er selbst habe sich in den letzten Tagen intensiv um Hilfe bemüht. So habe es im Hintergrund bereits ein Gespräch mit der Leiterin der Arbeitsagentur gegeben, auch der Leiter der Kreisentwicklungsgesellschaft „ArberlandREGio“ ist in die Planungen involviert. Wobei klar ist, dass die Arbeitsagentur erst handeln kann, wenn die Kündigungen wirklich ausgesprochen sind. „Sollte es der Landespolitik nicht gelingen, die Firma umzustimmen, dann wollen wir vor Ort vorbereitet sein“, so die Vorgabe des Landrats. Ferner sei klar, dass auch hier die Hilfe nur mit Unterstützung des Freistaates wirklich greifen kann.

„Wir werden hier auch das Unternehmen in die Pflicht nehmen“, sagt der Landrat. Er verweist hier nochmals auf das Gespräch mit dem Nachtmanngeschäftsführer Kaufmann: „Er hat uns versprochen, dass sich das Unternehmen nicht aus der Verantwortung stehlen wird. Es soll auf alle Fälle einen Interessensausgleich und einen Sozialplan geben. Dieser soll mit den Belegschaftsvertretern ausgehandelt werden.“

 Netzwerk Glas könnte helfen, wenn es finanzielle Unterstützung erhält
Eine erste Anlaufstelle für die von den Kündigungen betroffenen, könnte neben der ArberlandREGio GmbH auch das Netzwerk Glas sein. Hier gebe es für die Zukunft eine Förderzusage, die nun „deutlich aufgestockt“ werden soll, wünscht sich Adam. Der traurige Anlass sei eine passende Gelegenheit um das Netzwerk Glas zu stärken, ist sich der Landrat sicher. Denn im Netzwerk Glas gebe es auch die Möglichkeit um die Zukunft der betroffenen Nachtmannmitarbeiter zu diskutieren. „Ich hoffe, dass möglichst viele von ihnen eine Stelle in einem anderen Glasunternehmen finden und so die Kompetenzen der Region erhalten bleiben“, meint Adam, denn er würde es sehr bedauern, wenn neben den Arbeitsplätzen auch wertvolles Wissen verloren geht.

Auch ArberlandREGio und vhs wollen helfen
Auch die ArberlandREGio und die Volkshochschule Regen „stehen natürlich Gewehr bei Fuß.“ Hier könnten sich Landrat Adam und Geschäftsführer Herbert Unnasch vorstellen, dass die Arbeitsagentur Mittel zur Weiterbildung und Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellt. Man dürfe keinen Menschen hier „allein stehen lassen. Einige haben sicherlich vor Jahren oder gar Jahrzehnten die letzte Bewerbung geschrieben, denen muss man helfen und sie bei der Bewerbung unterstützen“, so die Forderung des Landrats. Auch sonst müsse man versuchen, dass man die Entlassenen „bedarfsgerecht weiterbildet und auf neue Wege vorbereitet. Wir fordern einen arbeitnehmerfreundlichen Sozialplan und für betroffene Mitarbeiter, die mit den derzeitigen Qualifikationen schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, die Errichtung einer Transfergesellschaft mit hoher finanzieller Beteiligung der Firma Nachtmann. Dabei sollen Qualifizierungsmaßnahmen und private Jobvermittler gefördert werden und auch ein Sozialdienst für die betroffenen Familien zur Abfederung der sozialen Probleme eingerichtet werden“, fasst Adam zusammen.

Gewerkschaftsvertreter sind offiziell nicht informiert worden
Unterstützung findet Adam bei seinen Plänen und Vorstellungen auch bei den Gewerkschaftsvertretern. Am Dienstagmittag sprachen er und Bürgermeister Herbert Schreiner mit Markus Hautmann dem Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE) sowie dem Gewerkschaftssekretär Christian Schlag. Sie erfuhren, dass das Unternehmen Nachtmann die Gewerkschaft nicht vorab über ihre Pläne informiert habe und dass man sich auch von Gewerkschaftsseite aus, wenig Hoffnung auf einen Kurswechsel mache, zumal die IG BCE die Schließungen in Riedlhütte und Spiegelau noch in schlechter Erinnerung hat.  Von Gewerkschaftsseite aus sei man nicht nur sauer auf die Vertreter der Firma Nachtmann sondern auch und vor allem auf en Eigentümer Riedel. Das österreichische Unternehmen bestimme als Eigentümer über die Nachtmannbetriebe. Dadurch, dass weder der Betriebsrat noch die Gewerkschaft vorab über die Pläne informiert worden sei, sei man nun auch unvorbereitet von der Situation überrascht worden. Der Ablauf sei aber „typisch für Kaufmann und Co“.

 Gewerkschaft fragt: Wird der Ausbau in Weiden vom Freistaat gefördert?
Natürlich wollen die Gewerkschafter die Hoffnung nicht voreilig aufgeben, aber auch von Gewerkschaftsseite aus bereitet man sich auf die Schließung vor. Die Vorstellungen des Landrats trafen dabei auf die Zustimmung der Gewerkschaft. Dabei fordert die IB BCE, ebenso wie der Betriebsrat, einen Sozialplan und „anständige Abfindungszahlungen“, auch ein Transfergesellschaft könne man sich gut vorstellen. In diese könnte dann auch die Kompetenzen der Volkshochschule und der ArberlandREGio GmbH eingebunden werden. Eine Frage der Gewerkschaftsvertreter konnten weder Landrat noch Bürgermeister beantworten. Hautmann und Schlag erkundigten sich nach der Wirtschaftsförderung für das Unternehmen Nachtmann, sowohl für den Standort Frauenau als auch für den geplanten Ausbau in Weiden. Diese Frage werde er an die zuständige Staatsministerin weiterleiten, versprach Adam. Er zeigte sich am Ende des Gesprächs aber zufrieden darüber, dass „alle an einem Strang ziehen.“ Nun hofft er auch auf die Gespräche am Dienstagabend in München und die Unterstützung von Seiten des Wirtschaftsministeriums und der Staatsregierung.

Meldung vom: 20.05.2015